Mord im Roggenfeld – eine Tatortbegehung (05.07.1742)

Bei einem Gewaltverbrechen ist die Tatortbegehung bei der Ermittlungsarbeit von zentraler Bedeutung, wobei die Beschreibung der vorgefundenen Situation unerlässlich ist. Das Interesse an der Aufklärung von historischen Kriminalfällen nimmt stetig zu. Dabei werden Tatorte nachgestellt und virtuell begangen, um verschiedene Szenarien durchzuspielen zu können. Heute wie damals sind an der Tatortbegehung verschiedene Experten beteiligt, welche Spuren sammeln und interpretieren.

In Neuss besichtigten der Vogt, der Bürgermeister, ein Schriftkundiger sowie ein Chirurg die Tatorte. Der Schriftführer protokollierte die Erkenntnisse der Tatortbegehung, um ein möglichst vollständiges Bild des Ereignisses zu dokumentieren. Der Chirurg führte die Leichenschau am Fundort durch.

Als ein Toter im Roggenfeld entdeckt wurde, begaben sich der Bürgermeister Johannes Heinrich Jordans als Vertreter für den Vogt, die Bürgermeister Johannes Theodor de Greef und Franz Adam Pistorius, Johann Adolf Kleinermann als Buchmeisterverwalter, der Gerichtsschreiber Bendt sowie der Chirurg Chorus an den Tatort. In diesem besonderen Fall wurde auch der Turmwächter Cuper hinzugezogen. Turmwächter erfüllten eine wichtige Funktion, da sie vom Turm weit über die Stadt und in das Umland blicken konnten. Ihre Aufgabe war es, bei einem Brand frühzeitig zu warnen, um ein Übergreifen des Feuers auf andere Gebäude verhindern zu können. Ebenso beobachteten sie das Land vor den Toren der Stadt, ob sich feindliche Truppen näherten oder Banden ihr Unwesen trieben. Vielleicht hatte Turmwächter Cuper etwas beobachtet, was zur Identität des Toten oder zu Aufklärung des Verbrechens beitragen könnte. Über beides gibt dieser Eintrag jedoch keine Auskunft.

Am entkleideten Leichnam führte der Chirurg seine Visitation durch und stellte bei der Untersuchung fest, dass der Körper mit Wunden übersät war. Die warme Witterung während des Sommers hatte dem Körper zugesetzt und sein Zustand wurde für unsere heutigen Ohren etwas derb mit „verfaulet“ ausgedrückt. Aufgrund der fortgeschrittenen Verwesung konnte der Chirurg erkennen, dass der Tote bereits 10 bis 12 Tage im Feld gelegen haben musste. Das Mordopfer lag versteckt im Roggenfeld neben dem Grenzstein zu Holzheim, dem Stadt-Limitenstein. Nach Abschluss der Tatortbegehung begrub der Totengräber die sterblichen Überreste „in loco“, also an Ort und Stelle.

Wie die weiteren Ermittlungen hinsichtlich des Tathergangs und der Identität des Opfers ausgegangen sind, wird aus den Protokollen leider nicht erkenntlich.

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