Eintrag 12118. März 1841Geschehen Neuhs, den 21.
April 1841....
Eintrag 12218. März 1841Im Auftrag der Landräthlichen Behörde wurde
dem Stadtrath heute von dem verehrlichen Rescripte
des Königlich Hohen
Finanz-Ministerii vom 19. Maerz courantIII. N° 4516 und IV. No 4063 Kenntnis gegeben,
woraus
derselbe die unerwartete Mitheilung empfängt,
daß den Gemeinden, welche mit so großen Opfern
die Neuß-Rheydter
Kunststraße erbaut haben,
nun auch die Verpflichtung zum Bau der
nöthigen Chausseegeld-Empfangshäuser, respec- tive zur Zahlung der Miethe für die
dazu
ausgewählten Localien nach auferlegt werden. So wie die Verhältnisse gestellt sind,
glaubt
der Stadtrath indessen, daß eine solche Ver-
bindlichkeit die Stadt weder im Verein
mit den am Bau betheiligten Gemeinden,
noch vermöge der übernommenen Garantie
ausschließlich treffen könne. Von der Überzeu-
gung durchdrungen, daß jede gerechte Recla-
mation höhern Amtes willigen Eingang und
verdiente Berücksichtigung finden werde, er-
laubt sich der Stadtrath die Gründe, worauf
seine Meinung beruht, näher auseinander
zu setzen. Die Verhandlungen wegen der Neuhs-Rheydter-
Straße sind schon seit langen Jahren im
Gange,
und es wurden im Laufe derselben die Ver-
pflichtungen der Gemeinden zwischen diesen
und der Königlichen
Regierung mehrfach sorg-
fältig erörtert und abgewogen. Während
dieser geraumen Zeit geschieht es indessen
jetzt zum erstenmale, daß der Bau von
Chausseegeld-Empfangshäuser zur Sprache
kömmt und es muß der Stadtrath freimüthig
bekennen, daß er dadurch auf's Höchste über-
rascht worden ist, indem er bis heran nicht
an die entfernte Möglichkeit denken konnte,
daß eine derartige Forderung an die
Stadt und die betheiligten Gemeinden je
gerichtet werden würde. Denn in der ganzen
hiesigen Umgegend bestehen keine eigends
zu diesem Zwecke gebauten Chausseegeld-
Empfangshäuser, vielmehr ist hier überall
in der Regel der Empfang des Chausseegel-
des zuverlässigen Orts-Einwohnern, welche
geeignete Localien besitzen, übertragen, oder
es werden, wo besondere Empfänger bestellt sind, die für das Geschäft erforderlichen
Räum-
Räumlichkeiten vom Staate gemiethet. Als der Stadtrath in der Absicht, ein auch unter
allgemeinem Gesichtspunkte gemeinnütziges Un-
ternehmen zu befördern, durch Beschließung
vom 24. October
1838 zu dem fraglichen Straßen-
bau die bedeutende Summe von 16000
Thalern PreußischCourant aus städtischen Mitteln votirte, und
zugleich die Garantie des Baues übernahm, war
in der bezüglichen Verfügung der Königlichen Re-
gierung vom 17. October
1838 I S. III N° 5564 nur
von einem Kosten-Anschlage von überhaupt 52790
Thalerndie Rede, in welchem aber des Baues von Chaussee-
geld-Empfangshäusern mit keinem Worte Er-
wähnung geschieht. Eben so wenig wurde der
Chausseegeld-Empfangshäuser gedacht, als König-
liche Regierung in dem spätern Rescripte
vom 8. August 1839
I S. III N° 4637 bemerkte,
daß an dem nun schließich ermittelten Über-
schlage des Baubedürfnisses von 52810
Thalern noch
eine Summe von 2815
Thalern 15 Silbergroschen fehlte, und die
Stadt Neuhs mit jener von Rheydt auch noch die
Aufbringung dieser Summe auf ihre Rechnung
übernahm. Unter solchen Umständen kann daher auch
nicht gefolgert werden, daß der Stadt Neuhs durch
die übernommene Garantie des Straßenbaues
zugleich die Verpflichtung zur Errichtung der
Chausseegeld-Empfangshäuser zu Last gefallen
sei, indem, wenn eine Garantie übernommen
wird, doch wenigstens alle Verpflichtungen, worü-
ber sich dieselbe erstrecken soll, demjenigen,
welcher die Gerantie leistet, ausdrücklich
bekannt
gemacht werden müssen. Da dieses aber vorlie-
gend nicht geschehen, und namentlich der Bau
von Chausseegeld-Empfangshäusern weder
in den vorgelegten Kosten-Anschlägen noch
in den der Garantie vorangegangenen Ver- handlungen je berührt wurden, so ist es wohl
unzweifelhaft, daß aus der Übernahme jener
Garantie für die Stadt Neuhs in keinem
Falle eine ausschließliche Verpflichtung herge-
leitet werden kann. Man würde ihr in solchem
Falle eine Verpflichtung auflegen, von deren
Dasein sie keine Ahnung hatte. Aber auch im Verein mit den übrigen Gemein-
den glaubt der Stadtrath die Verbindlichkeit
zum Bau der fraglichen Chausseegeld-Empfangs-
häusern, respective zur Übernahme der Mieth-
kosten ehrerbietigst ablehnen zu müssen, da
diese Gemeinden nach dem Inhalte aller
Verhandlun-
gen nichts anderes als die Fertigstellung,
keines-
wegs aber die Unterhaltung der Straße über-
nommen haben, hierzu aber der Bau von jenen
Empfangshäusern um so weniger gezählt
werden könne, als der Staat das Chaussee-
geld auf eigene Rechnung erheben läßt, und
es daher schon in den Grundsätzen der Billig-
keit liegt, daß derjenige, zu dessen Vortheil
die Einnahme geschieht, auch die Kosten der
zu der Empfangsbesorgung nöthigen Requisite
und sohin ebenfalls die Beschaffung respective
die Miethe der Hebestelle übernehmen muß.
Da es nun endlich in dem Rescripte der
Königlichen
Regierung vom 3. April
1839 I S. III N° 2002, wodurch
die auf den fraglichen Straßenbau bezügliche
Allerhöchste Cabinets-Order vom 17. März näm-
lichen Jahres notifizirt wurde, noch
ausdrücklich
heißt, daß das hohe
Finanz-Ministerium von
des Königs-Majestät autorisiert worden, die
Straße, so bald sie ausgebaut sein werde,
behufs der Unterhaltung aus Straßenfonds, gegen
Belegung mit Wegegeld zu übernehmen, so ist
der Stadtrath des gehorsamsten Dafürhaltens,
daß schon hierdurch die Verpflichtung des
Staates Besorgung der Empfangsstelle ausgesprochen sei,
in-
dem es ausdrücklich heiße, daß der Staat nach
dem Ausbau der Straße dieselbe übernehmen
werde, um als dann selbst ein Wegegeld darauf
zu errichten, und also auch selbstredend die
Empfangsstellen selbst redend die Empfangs-
stellen selbst darauf anzulegen. Außer den obigen Gründen spricht aber für
die Gemeinden, welche für diesen Straßenbau so
beträchtliche Opfer gebracht haben /:die Stadt
Neuhs
hat dafür bis jetzt allein 17830
Thaler hergegeben,
und wird bis zur Vollendung des Werkes noch
einige tausend Thaler aufbringen müssen:/ auch
die Billigkeit so sehr, daß sie mit Grund ver-
=trauen dürfen, es werde die höhere Staatsbe-
hörde, sie nicht auch noch überdem mit einem
Gegenstande beschweren, von dem sie nie gedacht
haben, daß er ihnen je zu Last fallen könne und
der nun ihre viele Auslagen für die Straße ver-
mehren würde, waehrend der Vortheil, nämlich
die Erhebung des Chausseegeldes lediglich dem
Staate zu Gute komme. Einer solchen günstigen
Entscheidung glauben die Gemeinden um so mehr
vertrauen zu dürfen, als die Chausseegeld-Er-
hebung wegen der zu erwartenden bedenkenden
Frequenz der Straße dem Staate nahmhafte Vor-
theile gewähren wird, und es auch an
zuverlässigen
und sonst geeigneten Privaten nicht fehlen
dürfte,
welche, wenn ihnen die Erhebung des Chaussee-
geldes wie anderwärts gegen die hergebrachte
Gebühr anvertraut wird, gerne die Empfangs-
stelle besorgen und nöthigenfalls neu er-
richten würden, wozu denn auch namentlich der
Beigeordnete
Feinendegen in der zum Chausseegeld-
Empfange in jeder Hinsicht am besten passenden
Ortschaft Glehn
sich freiwillig anerbietet. A. u. s....