Eintrag 1418. Januar 1842Der Bürgermeister eröffnete die heutige Sitzung
mit nochmaliger Vorlage des Regiminal-Rescrip-
tes von 15. Mai 1841 I S. II N° 7661 A, nach dessen
Inhalt Königlich Hochlöbliche Regierung sich über die
vom Stadtrathe unterm 21. April vorigen Jahres propenn-
ten Modificationen des bisherigen Kuhweidganges
dahin ausgesprochen hat, daß es nothwendig sey, vor dem Eintritt anderer BenutzungsArt
eine
Einrichtung zu bewerkstelligen, wodurch der dürfti-
gen und minderbemittelten Einwohner-Klasse,
deren Viehstand auf den Fortgenuß der Stadt-
weide berechnet sei, die Durchfütterung ihres
Viehes /:etwa durch Verpachtung kleiner Parzellen
zum Anbau von Futterkräutern:/ gesichert werde.
Der Bürgermeister bemerkte dabei, daß er, um die-
sen wohlmeinenden Absichten der Oberbehörde zu
entsprechen, in Einverständnisse mit dem Stadtrathe,
unter dem 7. December vorigen Jahres eine öffentliche Bekannt-
machung erlassen habe, wodurch alle diejenigen, wel-
che einen solche Begünstigung in Anspruch zu nehmen
gesonnen seien, zur Anmeldung aufgefordert wur-
den; daß indessen bis jetzt nur 26 Besitzer von
Kühen um pachtweise Verleihung von Wiesenparzellen
eingekommen seien, wogegen ihm am 24. December
vorigen Jahres die anliegende Vorstellung mehrer hiesiger
Einwohner vom 20 . des nämlichen Monates zugestellt
worden, durch welche dieselben, in Bezug auf eine
ähnliche Eingabe vom Mai vorigen Jahres, den unbedingten
Fortbestand der bisherigen Kuhweide als ein ihnen
gebührendes unveränderliches Recht in Anspruch
nehmen. Nach Anhörung dieses Vortrages erklärte der
Stadtrath, daß es seine, auch schon in die Vorschlage
zum GemeindeEtat von 1842 aufgenommene Ab-
sicht sei, unter Beibehaltung der übrigen Bestimmun-
gen seines Beschlusses vom 21. April vorigen Jahresvon den 145 Mor-
gen einnehmenden bisherigen Kuhweide nur 65 Morgen
öffentlich zu verpachten, die übrigen 80 Morgen aber
nach Anleitung der bezogenen RegierungsVerfügung
vom 15. Mai vorigen Jahresdenjenigen unbemittelten Kuh-
besitzern, welche darauf Anspruch machen, gegen
die billige jährliche Vergütigung von durchschnittlich
4 Thaler pro Morgen, zu beliebigem Gebrauche, auf
mehrere Jahre pachtweise zu überlassen. Es hält sich der Stadtrath, zu dieser eine
einträglichere Verwaltung der Gemeinde-Gründen
bezweckenden, und herbeiführenden Beschließung
ebenso berechtigt als verpflichtet, und er glaubt sich
daher auch durch die Einsprüche einzelner Bethei-
ligten in einer Angelegenheit, wo es sich um den
wohl verstandenen Vortheil der ganzen Gemeinde
handelt, von der Ausführung der sorgfältig be-
rathenen und reiflich erwogenen Anordnung nicht
abhalten lassen zu dürfen. Der Stadtrath hält sich berechtigt zu der be-
schlossenen Anordnung, 1., weil die Besitzer von Kühen keinen ausschließ-
lichen Anspruch auf jenes Gemeinde-Gut begrün-
den können, die zur Kuhweide benutzten Wiesen
vielmehr lediglich in die Cathegorie aller übrigen Ge-
meindegüter gehören, deren Verwaltung dem Stadtra-
the gesetzlich übertragen ist; 2°., weil die sogenannte Kuhweide von alten Zeiten
her stets als ein Gemeinde-Eigenthum angesehen
worden, worüber dem Magistraten eine beliebige
Verfügung zustand, indem derselbe, nach Ausweis
der im Auszuge beigefügten RathsProtocollen vom
Jahre 1595 an bis auf die neuere Zeit den Weid-
gang, nach den Umständen, bald einer höhern, bald
einer geringeren Abgabe unterwarf, und die
Berechtigung, Kühe zur Weide zu schicken, an den
Besitz oder die pachtweise Benutzung von drei
Morgen Landes geknüpft hat; 3°., Weil auch der Magistrat in den frühern Jahren
von dem Rechte Gebrauch gemacht habe, einzelne
Strecken der Kuhweide der Beweidung zu ent-
ziehen und zu verpachten, wie dieses denn na-
mentlich aus dem Raths-Beschlusse vom 10. Mai 1671und mehren andere nöthigenfalles
noch nahmhaft
zu machenden Beschlüssen hervorgehe, und weil
alle diese Verfügungen demnach offenbaren
Beweis geben, daß die Kuhweide unstreitig in die Reihe der übrigen Gemeindegüter gehöre,
und daher auch nach gleichen allgemeinen Grundsätzen
zu behandeln sei, endlich 4°:, weil das hier Anwendung findende Gesetz, vom
9 Brumaire Jahres 13 den Gemeinden die Befugniß
einräume, durch das Organ ihrer MunizipalRäthe,
unter Zustimmung der Oberbehörde eine andre
BenutzungsArt der Communalgüter einzuführen. Aber auch verpflichtet hält sich der
Stadtrath
zu den beschlossenen Anordnungen, a., weil nicht nur die Besitzer von Kühen, sondern
auch die überwiegende Anzahl derjenigen Einwoh-
ner, welche deren keine halten, und einem andern
als dem Ackerstande angehören, auf das Gemeinde-
Gut, die Kuhweide genannt, gleichen Anspruch haben,
diese aber, bei der gegenwärtigen Lage der Dinge,
davon nicht den mindesten Genuß ziehen, indem die
von dem Grundstücke zu entrichtende Steuer und
die übrigen durch den Weidgang bedingten
Auslagen, wie Gehalt der Hirten, Unterhaltung
der Ziehochsen und desgleichen mehr durch das in die Casse flie-
ßende Weidgeld kaum gedeckt werden, und b., weil es schon in seinem Berufe liegt,
bei den
steigenden Bedürfnissen der Zeit darauf zu sehen,
daß eine einträglichere Verwaltung der Gemeinde-
güter, wo sie möglich sei, eintrete, und er sich
eines Unrechtes gegen die keine Kühe haltenden
Einwohner schuldig zu machen glauben würde, wenn
es durch die drangebung der beschlossenen Anordnun-
gen Veranlassung werde, daß letztere fortan
einen größeren Theil an Communalsteuer entrichten
müßten, als dies bei der beabsichtigen Verbesserung
des Gemeinde-Einkommens der Fall sein werde. In Erwägung aller dieser Gründe kann
der
Stadtrath Königlich Hochlöbliche Regierung nur ehrer-
bietigst bitten, seine das allgemeine Beste be-
zweckende Beschließung vom 21. April vorigen Jahres mit der
durch die gegenwärtige Verhandlung gerne ein-
geräumten Modification in Absicht auf die pacht- weise Überlassung von 80 Morgen der
Kuhweide
an unbemittelte Besitzer von Kühen hochgefällig
genehmigen zu wollen, indem er gleichzeitig die
Überzeugung aussprechen zu dürfen glaubt, daß
ein großer Theil derjenigen, welche die Vorstellung
vom 20. December vorigen Jahres mehr irregeleitet, und aus
Überredung Anderer, denn aus eigenem Antrieb
unterzeichnet haben mögen, über ihr wahres Interesse
besser belehrt, mit der Zeit zu der Erkenntniß
gelangen werden, daß die ihnen angebotene Ver-
pachtung von 80 Morgen zu der so billigen Pacht
von durchschnittlich 4 Thalern für den Morgen, größere
Vortheile für sie gewähre, als die bisherige Frühwei-
de ihnen darzubieten im Stande sei, zumal auch
die zu dem geringen Satze von 15 Silbergroschen ferner
stattfindende Spätweide sich über einen Terrain
von etwa 480 Magdeburger Morgen erstrecken,
und dadurch in Verbindung mit der billigen Ver-
pachtung den Kühe haltenden Einwohnern schon
der erhebliche Vortheil von etwa 1200 Thalern zuflie-
ßen werde. Demnächst beauftragt der Stadtrath den
Bürgermeister, den Beschwerdeführern zu eröff-
nen, daß von seiner Seite von der seit Jahren
besprochenen, und nun reiflich erwogenen und be-
schlossenen Anordnung nicht könne abgegangen
werden, und es ihnen daher überlassen bleiben
müsse, sich entweder an die höhere Behörde zu wen
den, oder aber den Weg Rechtens einzuschlagen,
wenn die vorgesetzte Königliche Regierung die dies-
seitigen Vorschläge genehmigt haben werde. Endlich kann der Stadrath nicht umhin,
aufmerk-
sam darauf zu machen, daß unter denjenigen
Einwohnern, welche die Vorstellung vom 20 Decem-
ber vorigen Jahres unterschrieben haben, nur 84 sind, welche
Kühe halten, während sich 180 unter denselben be-
finden, welchen deren keine besitzen, so wie den auch, daß die Behauptung, daß dem
Stadtrath
nur ein Mitglied zähle, welches Ackerbau treibe
und Vieh halte, der Wahrheit ermangelt, indem das
Stadträthliche Collegium mit Einschluß des vor Kurzem
verstorbenen Stadtrathes Dünbier 8 Mitglieder auf-
zuweisen hat, welche Ackerbau betreiben, obgleich
einzelne derselben daneben zugleich auch noch andere
Geschäften obliegen. Actum ut Supra...