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  • Eintrag 267Durch eine Strom-Arbeit, welche die obere Wasserbau-Behörde des Regierungsbezirks Düssel- dorf in diesem Augenblicke, wie es scheint rasch zu vollführen beabsichtigt, sieht die Stadt Neuhs ihre ganze Zukunft hart bedroht. Es ist große Gefahr bei jedem Vorzuge, weshalb die unter- zeichneten Vertreter der Stadt bei Einem königlich hohen Ministerium unmittelbar Schutz und schleu- nige Abhülfe zu suchen nicht umhin können. In dem den hiesigen Bürgermeister-Bezirk umfließende Theile des Rheinstromes befindet sich Obschon der Zeitpunkt, vor dieser Übelstand zu befürchten, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge so ganz nahe nicht zu bevorstehen schien, so hat die Stadtverwaltung jedoch seit dem Jahre 1838 ihren jährlich über die Schiffahrt erstatteten Berichten nicht aufgehört, die Königliche Regierungauf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen und dieselbe inständigst zu bitten, an Insel und Ufer nicht nur Nichts unternehmen zu lassen, was die befürchtete Verbindung beschleunigen könnte, son- dern vielmehr bei eintretender Nothwendigkeit Alles anzuwenden, um einem solchen den hiesigen Verkehr für immer vernichtende Zustande nach? Kräften entgegen zu wirken. Bis jetzt ist in letzterer Beziehung nichts gesche- hen, um die allmählig von selbst vor sich gehen- de Vereinigung der Insel mit dem diesseitigen Ufer zu verhindern, viel mehr steht nun die Wasserbaubehörde im Begriffe, durch Anlage von Kribbwerken, welche am sogenannten stei- nernen Orte anfangen, und sich auch bis gegen Mag auch die durch Anlage der Kribbwerke mit der Zeit unfehlbar eintretende Vereinigung der Insel mit dem diesseitigen Ufer für die näch- sten Jahre der Schiffahrt in der Erft nicht hinder- lich sein, so bleibt es, wie uns durch stromkundigen Ingenieurs früher schon zu erkennen gegeben wor- den, nur zu gewiß, daß jene Insel sich auf die dauer immer weiter nach dem Heerdter-Ufer aus- dehnen und endlich bis zu diesem Ende Ufer ge- langen wird, wonach dann der Erft-Canal sich zuletzt im Sande verlieren, und vom Rhein vol- lends abgeschnitten werden würde. Dem jetzt vorbereiteten Projecte kann nur die einzige Absicht zum Grunde liegen, dem als- dann mehr nach der rechten Seite sich ziehenden Strome eine größere Tiefe zu verschaffen, und dadurch für die Schiffahrt im Rheine eine allerdings wünschenswerthe Erleichterung herbei zu führen. Allein es dürften unsers gehorsamsten Dafürhaltens hierzu anderweite Mittel, welche das diesseitige Interesse nicht gefährden, wohl aufgefunden werden. Wir rechnen hierzu eine theilweise Abtragung der Insel, und eine mittelst Ausbaggerung zu Stande zu bringende Austhiefung des nach den linken Ufer sich hinziehenden Stromgebietes, ohne dabei sonstigen Vorschlägen vorgreifen zu wollen, wel- che sachkundige Techniker an die Hand geben möchten, und die der Stadt Neuhs drohende Gefahr abzuwenden. Dann möchte es aber auch wohl ver- dienen, in die sorgfältigste Erwägung zugegen Die großen Veränderungen, welche der Rhein im Laufe der Jahrhunderte fast allenthalben genommen, beweisen nur zu deutlich, daß die Gewalt des Stromes bei Überschwemmungen und furchtbaren Eisgängen die ihm gesetzten Eindäm- mungen nicht achtet, und die klügsten menschlichen Berechnungen zu nichte macht. Es läßt sich demselben daher mit Gewißheit keine Gränze bestimmen, daß er bis hierhin und nicht weiter gehen solle. Unsre durch die Erfahrungen früherer Zeiten bestätig- ten Befürchtungen können daher als unbegrün- det nicht betrachtet werden. Für die Stadt Neuss steht hierbei ein großer, in Gelde kaum anzuschlagender Verlust auf dem Spiele. Nicht nur würde sie die für Schiffbar- machung der Erft in der neuern Zeit verwandte bedeutende Summe von 80,000 Thalern rein vergeblich ausgegeben haben, sondern es würde auch ihr Handel, der nur durch diese Verbindung mit dem Rhein besteht, allmählig ganz zu Grunde gehen, und sie dadurch aus der Reihe der gewerbtrei- bende Städte vollends heraustreten. Bei so bedrohlichen Aussichten wird ein Königlich hohes Ministerium die Gerechtigkeit unsren Be- sorgnisse nicht verkennen können. Der Gefahr aus- gesetzt, so große Verluste zu erleiden, wenn die projectirten Strom-Arbeiten zur Ausführung kommen, glauben wir uns daher auch den durch die Verhält- nisse gerechtfertigten ehrerbietigen Antrag "daß vorläufig die unserer Stadt im hohen Grade "nachtheilige Arbeit ausgesetzt, und demnächst "die Beschwerde derselben einer nochmaligen "Prüfung von Technikern unterworfen, uns aber "gestattet werde, zu dieser Untersuchung, wenn "sie an Ort und Stelle Statt findet, einen sach- "kundigen Ingenieur im Interesse der Stadt "zuzuordnen. Es kömmt bei dieser A wichtigen Angelegenheit die ganze Zukunft einer nicht unansehnlichen Stadt in Frage, welche, wie dies in unserem Staate überall der Fall ist, auf den Schutz desselben gerechte Ansprüche hat. Unsern ehrerbietigsten Antrage wird daher auch die gewünschte Willfahrung nicht fehlen...