Eintrag 15819. Mai 1871 Von dem
Vorsitzenden wurde hiernach weiter beantragt, daß, da jene Actien einen Theil des
Substanz-Vermögens bildeten und dieses nicht verkürzt werden dürfe, es
erforderlich sei, daß eine Refundirung dieser Summe in kürzerer oder
längerer Zeit vorzunehmen sei. ...
Eintrag 15919. Mai 1871 Der erste
Beigeordnete Ibels sprach sich gegen diese
Ansicht aus und beantragte
von einer Refundirung dieser Gelder überhaupt abzusehen. - Zur Begründung
seines Antrages führte derselbe an, daß unsere Mit- bürger durch den
Krieg zu sehr in ihren Verhältnissen geschädigt seien, mit Freuden Gut
und Blut für den König eingesetzt hätten, und daß es daher
nicht mehr als recht und billig erscheine, dieselben nicht noch auf
eine lange Reihe von Jahren mit weiterer Er- höhung der
Communalsteuer für jenen Zweck zu überbürden. - Sodann sei auch ein
Genuß und Nutzen aus dem glorreich errungenen Frieden zu dessen
Erreichung wie schon angeführt, unsere Mitbürger freudigst schwere Opfer
gebracht haben, nicht in der nächsten Zeit, sondern erst in den spätern
Jahren zu erwarten, so daß es auch hierdurch schon ge- rechtfertigt
sei, wenn durch die nothwendig gewordene Kürzung des
Kapitalvermögens die Gegenwart und Zukunft gleichmäßig bei der Deckung
jener Summe belastet würde....
Eintrag 16019. Mai 1871 Der Vorsitzende
führte seinen Antrag dahin weiter aus, daß eine Refundirung der
Gelder zur Wahrung des Substanz-Vermögens nicht umgangen
werden könne und es in der Intention der höhern Aufsichtsbehörde
liege, das Gemeinde-Substanz-Vermögen stets zu
erhalten, und er dieses Prinzip auch als richtig anerkenne. Bei fortgesetzter
Besprechung wurden die vom ersten Beigeordneten
Ibelsvorgebrachten
Motive von der Versammlung als richtig und durchgreifend anerkannt und das
Weitere auch ausgeführt. Durch den
Beschluß der Nichtrefundirung überschreite der Stadtrath seine Befug- nisse nicht
und
verletze ebensowenig das Gemeindeinteresse, so daß die Bean- standung Seitens
des Vorsitzenden als gerechtfertigt nicht angesehen werden könne; es handle sich
bei der vorliegenden Frage ja nicht um Ausgaben, die durch die gewöhnlichen
Bedürfnisse oder Verpflichtungen der Gemeinde nothwendig ge- worden und deren
Tilgung daher durch Aufbringung von Gemeindesteuern in Gemäßheit des §
49 u. ff. der Städteordnung zu erfolgen habe; es handele sich vielmehr um
Verwendungen, die durch außergewöhnliche, außerhalb menschlicher
Berechnung liegende Verhältnisse herbeigeführt worden und die in gleiche
Categorie zu bringen seien, wie Naturereignisse, wodurch in un- mittelbarer
Weise das Gemeindevermögen plötzlich geschädigt werde; es hieße den
Grundsatz der Conservirung des Gemeindevermögens doch nur auf Kosten der
Billigkeit festhalten, wenn man von der jetzigen Bürgerschaft der Stadt Neuss
verlangen wolle, daß sie außer den bereits persönlich gebrachten -
freiwilligen wie nothwendigen - Opfern auch noch durch Aufbringung von
Steuerzuschlägen das Gemeindevermögen gerade so unversehrt wieder
herstelle, als wenn der deutsch-französische Krieg gar nicht ge- wesen wäre; das
könne die Königliche Regierung um so weniger wollen, als eine
wirklich erhebliche Herabsetzung des Prozentsatzes der in diesem
Jahre um 23 % erhöhten Communalsteuer oder gar eine
Zurückführung desselben auf den in früheren Jahren bestan- denen Satz nicht
so bald in Aussicht stehe; die Stadt Neuss habe zudem durch
günstigen Verkauf an die Bergisch-Märkische Eisenbahn
die Substanz des städtischen Vermögens bedeutend vermehrt und
könne mit den so zufällig erworbenen Mit Rücksicht auf
diese Erwägungen wurde der Antrag des ersten Beigeordneten Ibels zur Abstimmung gebracht
und solcher von der Versammlung
mit allen Stimmen gegen die des Vor- sitzenden
angenommen und zum Beschlusse erhoben. a. u. s....