Band 56: Eintrag vom  19. Mai 1871 (Nr. 160 )

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 

Der Vorsitzende führte seinen Antrag dahin weiter aus, daß eine Refundirung der Gelder zur Wahrung des Substanz-Vermögens nicht umgangen werden könne und es in der Intention der höhern Aufsichtsbehörde liege, das Gemeinde-Substanz-Vermögen stets zu erhalten, und er dieses Prinzip auch als richtig anerkenne.

[Nächste Seite] Ferner würde eine auf längere Jahre berechnete Refundirung die Communalsteuer nicht wesentlich erhöhen, da dieselbe voraussichtlich im nächsten Jahre schon wieder ermäßigt werden könnte. Er würde daher bei Königlicher Re- gierung auf Refundirung bestehen.

Bei fortgesetzter Besprechung wurden die vom ersten Beigeordneten Ibels vorgebrachten Motive von der Versammlung als richtig und durchgreifend anerkannt und das Weitere auch ausgeführt.

Durch den Beschluß der Nichtrefundirung überschreite der Stadtrath seine Befug- nisse nicht und verletze ebensowenig das Gemeindeinteresse, so daß die Bean- standung Seitens des Vorsitzenden als gerechtfertigt nicht angesehen werden könne; es handle sich bei der vorliegenden Frage ja nicht um Ausgaben, die durch die gewöhnlichen Bedürfnisse oder Verpflichtungen der Gemeinde nothwendig ge- worden und deren Tilgung daher durch Aufbringung von Gemeindesteuern in Gemäßheit des § 49 u. ff. der Städteordnung zu erfolgen habe; es handele sich vielmehr um Verwendungen, die durch außergewöhnliche, außerhalb menschlicher Berechnung liegende Verhältnisse herbeigeführt worden und die in gleiche Categorie zu bringen seien, wie Naturereignisse, wodurch in un- mittelbarer Weise das Gemeindevermögen plötzlich geschädigt werde; es hieße den Grundsatz der Conservirung des Gemeindevermögens doch nur auf Kosten der Billigkeit festhalten, wenn man von der jetzigen Bürgerschaft der Stadt Neuss verlangen wolle, daß sie außer den bereits persönlich gebrachten freiwilligen wie nothwendigen - Opfern auch noch durch Aufbringung von Steuerzuschlägen das Gemeindevermögen gerade so unversehrt wieder herstelle, als wenn der deutsch-französische Krieg gar nicht ge- wesen wäre; das könne die Königliche Regierung um so weniger wollen, als eine wirklich erhebliche Herabsetzung des Prozentsatzes der in diesem Jahre um 23 % erhöhten Communalsteuer oder gar eine Zurückführung desselben auf den in früheren Jahren bestan- denen Satz nicht so bald in Aussicht stehe; die Stadt Neuss habe zudem durch günstigen Verkauf an die Bergisch-Märkische Eisenbahn die Substanz des städtischen Vermögens bedeutend vermehrt und könne mit den so zufällig erworbenen

[Nächste Seite] Vortheilen die Schäden der letzten Monate ausgleichen, ohne damit etwaigen Rechten einer spätern Generation zu nahe zu treten und dieses um so weniger, wenn die Bergisch-Märkische-Eisenbahngesellschaft den weitern Ansprüchen der Stadt aus jenem Verkaufe gerecht werde, wozu von derselben ja bereits vor längerer Zeit annähernde Vor- schläge gemacht worden.

Mit Rücksicht auf diese Erwägungen wurde der Antrag des ersten Beigeordneten Ibels zur Abstimmung gebracht und solcher von der Versammlung mit allen Stimmen gegen die des Vor- sitzenden angenommen und zum Beschlusse erhoben.

a. u. s.