Eintrag 28530. Januar 1843Auf unsre gehorsamste Vorstellung vom 21. october vorigen Jahres, sind
wir im Auftrage Eines Königlich
hohen Finanz-Minsterii von
der Königlichen Regierung zu Düsseldorf unterm 14. Decemberdahin beschieden worden,
daß zu der
ausgesprochenen Be-
fürchtung: es würden die an der Oelgangsinsel im Rheine
angeordneten Correktions-Arbeiten für die Schiffahrt im
Erft-Canale nachtheilige Wirkungen zur Folge
haben,
kein sicherer Grund vorhanden sei. Den diesfälligen Bescheid der Königlichen
Regierung er-
lauben wir uns in Abschrift ganz gehorsamst
beizuschliessen.
In Folge obiger Entscheidung sind jene Arbeiten
nunmehr
fortgesetzt werden, und als vollständig
ausgeführt zu
betrachten. Was wir als eine unvermeidliche Nachwirkung
jener
Bauten erst in entfernterer Zukunft besorgten,-
eine Schmä-
lerung des Fahrwassers in dem hiesigen Erft-Canale ist
indessen leider schon jetzt unmittelbar nach der
Ausführung
der Strom-Arbeiten eingetreten. Es ist daher
nicht blos
eine erst in der Möglichkeit liegende
Befürchtung, sondern
in der Wirklichkeit vorhandener thatsächlicher
Verlust, den
wir zu beklagen haben, und der unserer
Schiffahrt, und
unserm Handel jetzt schon großen Schaden bringt,
für die
Zukunft aber noch erheblicheren Nachtheil
bereiten wird. Zur Begründung dieser Behauptung gestatten wir
uns
Nachstehendes in Ehrerbietung anzuführen. Es ist eine anerkannte Thatsache, welche
keinen
Wider-
spruch finden wird, und sich nöthigen Falles
durch die Wasser-
stand Register beider Städte erweisen läßt, daß
vor
Ausführung jener Stromarbeiten bei einem
Wasserstand
von 5 Fuß Düsseldorfer Pegel der hiesige
Erftpegel
Fuß 1 bis 1 1/2 Zoll nachwies, und daß dieser
erhöhte Stand
des diesseitigen Pegels bei größerem
Wasserstande bedeutender gewesen. Kaum aber waren die Strom
Arbeiten
an der Oelgangsinsel vollendet, als wir grade eine entgegen-
gesetzte Wahrnehmung zu machen Gelegenheit hatten.
Währ-
rend wir nämlich früher bei 5 Fuß Düsseldorfer
Pegel 5 Fuß
1 bis 1 1/2 Zoll Wasser im Erft-Canale hatten, findet sich jetzt
in letzterem nur eine Wasserhöhe von 4 Fuß 5 bis 6
Zoll,
also der bedeutende Verlust von 7 bis 8 Zoll, seit
jene Ar-
beiten ausgeführt sind. Dieser Verlust, bei
größerem Was-
serstande weniger wesentlich, weil als dann die
Schiffahrt ohne-
hin gesichert ist, und keinen Schwierigkeiten
unterliegt, wird
indessen bei geringerem Wasserstande für die
Schiffahrt im
Erft-Canale
wirklich höchst nachtheilig. Es läßt sich mit
Gewißheit annehmen, daß bei einem Wasserstande von
4 Fuß der Unterschied sich etwa auf 9 bis 10 Zoll
stellen werde. Bei einem Wasserstande von 4 Fuß 8 Zoll
Düsseldorfer
Pegel war der Erft-Canal vor Ausführung der Strom Arbei-
ten für die größen Rheinschiffe zugänglich; wir
werden bei
jenem Wasserstande jetzt aber kaum 4 Fuß haben,
und
unsre Schiffahrt dabei in dem Grade beeinträchtigt
sehen, daß
größere Schiffe als dann den Canal nicht mehr
befahren können.
Bei dem nicht selten eintretenden Wasserstande von
4 Fuß
Düsseldorfer Pegel werden nur kleinere Fahrzeuge
von
einer Ladung von 2000 Centner und darunter unsre
Stadt
erreichen könen. Wollen wir nun auch die befürchtete allmählige
Ver-
einigung der Oelgangsinsel mit dem auf dem Gebiete der
Bürgermeisterei
Heerdt gelegenen Rhein-Ufer und die
dadurch entstehende Versandung des Erft-Canales nur in
das Reich der Möglichkeiten stellen, was jedoch
nach un-
serm ehrerbietigsten Dafürhalten im Laufe der Zeit
nicht ausbleiben dürfte: so haben doch die
ausgeführten Strom-Arbeiten schon jetzt durch das verminderte
Fahrwasser
den empfindlichsten Schaden für die Stadt zu Tage
gebracht.
Wir sehen dadurch unsre Schiffahrt bei kleinerem
Wasser-
stande gänzlich gehemmt, und somit die großen
Opfer, welche
wir erst vor kurzen Jahren auf die Schiffbarmachung des Erft-
Canales verwendet haben, fast gänzlich zu
Nichte gemacht.
Fern ist der Gedanke von uns, daß die
Wasserbau-Be-
hörde bei Anordnung der Corrections-Arbeiten im
Rheineeine so nachtheiligen Einfluß derselben auf die
Schiffahrt im
Erft-Canale
habe vorhersehen oder vermuthen können.
Der Nachtheil, welchen wir selbst so nahe
bevorstehend nicht
glaubten, und erst im Hintergrunde der Zeiten
erblickten,
ist aber jetzt in der Wirklichkeit vorhanden, und
wir
können daher von einem Staate, der wie der
unsrige von
Gerechtigkeits- und Billigkeits-Gründen überall
geleitet
wird, Abhülfe oder Entschädigung getrost hoffen.
Wir dürfen
dies um so zuversichtlicher, als die Stadt erst
vor wenigen
Jahren unter Zustimmung der obern Behörden auf
die Schiff-
barmachung des Erft-Canales ein Capital von
mehr als
80.000 Thaler
verwendet hat, und sonst diese bedeutende Aus-
gabe ganz vergeblich geschehen sein würde. Soll der Erft-Canal wie bisher auch bei
kleineren Wasser-
stande jetzt noch für größere Schiffe zugänglich
sein, also nur
der Zustand wieder herbeigeführt werden, wie
solcher vor
Ausführung der Corrections-Arbeiten im Rhein existirte, so
erscheint eine weitere Austiefung desselben um 9
Zoll als
durchaus unerläßlich auf eine Strecke von
ungefähr einer hal-
ben Meile zu sein. Diese Austiefung wird eine
bedeutende
Ausgabe veranlassen, und dann wirft sich noch die
Frage auf,
ob die Ausführung überhaupt geschehen kann, da
die hohen Ufer
des Canales den Nachsturz drohen und eine
Versiegung der Brunnen hiesiger Stadt unausbleibliche Folge
dieser fernern Ver-
tiefung sein würde. Es ist daher kein unerheblicher Gegenstand,
sondern ein Ge-
genstand von der höchsten Wichtigkeit für die
Schiffahrt und
den Handel hiesiger Stadt, welcher uns bestimmen
muß, diese
nochmalige ehrerbietige Eingabe an Ein Königlich Hohes Finanz-
Ministerium zu richten, und Hochdaselbe
angelegentlichst zu
bitten, vorerst eine genaue Untersuchung der
frühern und
jetzigen Wasser-Verhältnisse des hiesigen Erft-Canales hochge-
neigtens verordnen zu wollen, mit deren Resultate
sich die
Richtigkeit der von uns angeführten Thatsache
ergeben wird.
Einstweilen legen wir zu vorläufiger Erhärtung
der diesseiti-
gen Angaben das Attest eines Vereideten Geometer
bei, wor-
aus hervorgeht, daß selbst der Wasserstand im Rheine unter-
halb des angelegten obern Dammes um 1 Fuß 5 1/2
Zoll niedri-
ger steht, als unterhalb desselben, was denn
nothwenig zu
dem Schluße führt, daß eine ähnliche Wirkung auch
in dem
weiter abwärts gelegenen Erft-Canale wahrgenommen
werden muß. Um sodann auch einen festen Anhaltspunkt für
künftige
Untersuchungen zu gewinnen, haben wir am 17. December vorigen Jahresin einem Augenblicke,
wo die Strom-Arbeiten im
Rheine zwar
schon im Werke, aber noch nicht ganz vollendet
waren (bei einem
Wasserstande von 5 Fuß 4 Zoll Düsseldorfer Pegel
Morgens
9 Uhr, und von 5 Fuß 3 Zoll um Mittag) durch den
KöniglichenWasserbaumeister Kluth in Düsseldorf,
die verschiedenen Tiefen
des hiesigen Erft-Canales vermessen und festsetzen lassen.
Von der darüber aufgenommenen Verhandlung
erlauben wir
uns eine beglaubigte Abschrift ebenfalls hier
beizuschließen,
indem wir uns noch ehrerbietigst zu bemerken
gestatten,
daß eine bei gleichem Wasserstande des
Düsseldorfer Pegels zu veranstaltende nochmalige Verpeilung des Erft-Canalesdie jetzt
sich ergebenden Differenzen am
zuverläßigsten
darstellen würde. Wenn der Staat auch im Interesse des Allgemeinen
Strom-
Arbeiten zu unternehmen für nöthig erachtet, so
ist es doch eine
seiner Itention, daß der Einzelne, oder einzelne
Orte darunter
leiden, und, falls eine solche Benachtheiligung,
wie sie hier vor-
kommt, unvermeidlich sein möchte, so gilt es
überall als Grund-
satz der Billigkeit, daß dafür angemessene
Entschädigung ge-
währt werde. In unserm Staate haben diese Grundsätze der
Billigkeit
stäts Anwendung gefunden, und so dürfen auch wir
in der vor-
liegenden Angelegenheit auf gnädige Abhülfe oder
Schadlos-
haltung vertrauen....