Band 56: Eintrag vom  27. Januar 1873 (Nr. 743)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
8/ Gymnasiale Angelegenheiten

Es erfolgt Mittheilung von dem Rescripte des Herrn Cultusministers Excellenz vom 20. Januar dieses Jahres, wonach auf die von der Stadt eingereichte Petition um Bewilligung eines Staatszuschusses zum hiesigen Gymnasium resp. Uebertragung desselben an den Staat der Bescheid ergeht, daß Ersterer vorab nicht in Aussicht gestellt werden könne, weil nach der Ansicht der Königlichen StaatsRegierung der Stadt Neuss nach ihrer Vermögenslage

[Nächste Seite] die Unterhaltung der Anstalt allein zu bewältigen vermöge, daß dahingegen die Uebernahme der Anstalt auf den Staat vorab einer genauer bezeichneten Motivirung bedürfe. Nach dem die Stadtverordneten-Versammlung noch auf die gegenwärtige Gesetzesvorlage über Aufhebung der KnabenConvicte aufmerksam gemacht, kam dieselbe über den ersten Gegenstand des allegirten Rescripts zu dem Beschlusse, dem Königlichen Provinzial-Schul-Collegium nochmals eine Petition um Erwirkung eines Staatszuschusses vorzulegen, und dabei die Vermögenslage der Stadt im klaren Lichte darzustellen. Hierbei ist namentlich zu erwägen, daß die Stadt Neuss in diesem und im nächsten Jahre bedeutende Kapitalien zu beschaffen habe und zwar speziell 10000 Thlr für den neuen Schulbau, 10000 Thlr für den neuen Begräbnisplatz, 5000 Thlr für Eröffnung der Erftstraße. Die Beschaffung bedeutender Summen wegen Straßen-Eröffnungen stehe wegen des Stadtbauplans in jedem Jahr bevor.

Diese Anleihen werden mit den jährlichen Amortisationquoten und Zinsen das Gemeinde-Budget um mehrere tausend Thaler belasten. Der Umlage-Modus der Communal-Einkommensteuer habe jetzt den Satz von 140 Prozent der Staatssteuer erreicht, trotzdem der JahresGewinnst der Sparkasse, die Zinsen des Reservefonds derselben schon mit zur Deckung des Defizits verwendet werden.

Dabei betrage die Umlage auf die Grund- und Gebäudesteuer 100 Prozent-Waren, wie es in andern Nachbarstädten beliebt wird, die Grund- und Gebäudesteuer mit einem geringern Prozentsatze heranzuziehen und die Hülfsmittel der Sparkasse wegfielen, so würde die Communal-Einkommensteuer einen Prozentsatz von 190 bis 200 der Staatssteuer erreichen. Unausbleiblich wird dieselbe im nächsten Jahre um

[Nächste Seite] mindestens 15 % steigen. Dabei dürfte nicht unerwähnt zu lassen sein, daß die Stadt Neuss zu den höchst besteuerten Städten gehört. - Die stadträthliche Finanz-Commission wird mit dem Vorsitzenden zur Ausarbeitung des Petitums betraut und wählt die Versammlung zur persönlichen Uebergabe der Petition eine Commission bestehend aus den Herrn Bürgermeister Ridder und Stadtverordneter Busch.

Der zweite Gegenstand des allegirten Ministerial-Rescripts überweist Stadtrath den beiden Commissionen für Schulwesenund Finanzen zur Vorprüfung und Berichterstattung.

Mit Rücksicht auf die ungünstige zweifelhafte Aussicht auf Staatszuschuß beschließt Stadtrath noch den Herrn Minister zu bitten die noch zurückstehende Bestätigung des neugewählten Gymnasial-Directors einstweilen zu ajournieren bis auf die Frage wegen eines Staatszuschusses definitive Entscheidung erfolgt ist.

a. u. s.