Band 45: Eintrag vom  13. September 1836 (Nr. 24)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
Durchlauchtigster Kronprinz, Gnädigster Herr!

Gesuch wegen des Baues einer Straße nach Rheidt.

Unter Gefühlen des tiefsten Dankes segnen in diesem Augenblick Millionen Einwohner die Gnade Seiner Majestät unseres allverehrten Monarchen, welche Eure Königliche Hoheit in der Mitte Seines treuen Volkes am Rhein mit der erhabenen Sendung verweilen läßt, von dem Zustande der Provinz persönliche Kenntnis zu nehmen. Als einen Beweis des ihr gewidmeten Wohlwollens erkennt es insbesondere die Stadt Neuß, daß ihr auch diesmal das unschätzbare Glück zu Theil geworden, Eure Königliche Hoheit in ihren Mauern zu besitzen. Wir, die gesetzlich angeordneten Vertreter dieser Stadt, würden einem schönen Vorrechte unsere Stellung zu fehlen glauben, wenn wir diese freudige Gelegenheit nicht nutzen wollten, die Aufmerksamkeit Eurer Königlichen Hoheit aller unterthänigst auf einen Gegenstand zu lenken, welcher für uns von höchster, ja von lebenbedingender Wichtigkeit geworden ist.

Es ist die auf Staatskosten zu bewirkende Anlage einer neuen über die Ortschaft Glehn führenden Verbindungsstraße zwischen Neuß und Rheidt, wofür wir die gnädigste Theilnahme Fürsorge Eurer Königlichen Hoheit in Anspruch zu nehmen wagen. Schon seit langen Jahren projectirt, seit langen Jahren

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nicht nur von Neuß, sondern auch von der ganzen gewerbreichen Gegend um Rheidt eifrigst gewünscht, von der Königlichen Regierung zu Düsseldorf selbst als zweckmäßig und vortheilhaft anerkannt, hat ihre Ausführung bisher nur dadurch Schwierigkeiten und Hindernisse gefunden, daß ein bedeutender Geldaufwand dazu erfordert wird, und daß man die Anlage durch die vor einiger Zeit über den sogenannten Nordcanal gebaute Straße für entbehrlich halten mochte.

Wir schlagen es als einen geringen Vortheil jener neuen Straßen-Richtung an, daß die Wagenstunde auf eine Entfernung von etwa 2 1/2 Meilen dadurch im Interesse des allgemeinen Verkehrs ca 2122 Ruthen abgekürzt wird. Was mehr als dieses wohl in Betrachtung gezogen zu werden verdient, ist der Umstand, daß die Straße über den NordCanal sowohl bei Nacht als bei Tage für den Reisenden die augenfälligsten Gefahren darbietet, da sie, ohne mit einem Geländer versehen zu sein, auf die eine Seite von sehr tiefen Gewässern des Nord-Canales, auf der anderen an fast ebenso tiefen Graben vorbeiführt, und daher aber aus polizeilichen Rücksichten nicht geduldet werden dürfte.

Der Straßenzug über Glehn würde diesen Nachtheil nicht mit sich führen. Zu allen Zeiten des Jahres fahrbar, während der Weg über den Nord-Canal

[Nächste Seite] bei Winterzeit wegen seiner dann unvermeidlich schlechten Beschaffenheit von dem leichten Fußwerk nur kaum, von dem schweren gar nicht gebraucht werden kann, würde die neue Straße die betriebsamen Städte Rheidt, Gladbach und selbst Viersen in der natürlichsten und gradeste Richtung mit Neuß und durch dieses mit dem ganz [unleserliches Wort] industriereichen bergischen Lande verbinden. Sie würde mehre Ortschaften, welche diesen Verlust schwer empfinden, aufs Neue beleben, und dadurch daß sie zugleich eine Verbindungsstraße zwischen den Garnisonen Düsseldorf und Wickrath abgäbe, auch in militärischer Beziehung einen Nutzen stiften, welcher allein schon die Verwendung einiger Kosten lohnen dürfte.

Aber auch die pekuniaire Seite des neuen Unternehmens mag für so abschreckend nicht gehalten werden. Wenn es auch nicht in Abrede zu bringen ist, daß dasselbe einen ansehnlichen Geldaufwend erfordern würde, so läßt sich aber auch mit gleicher Bestimmtheit annehmen, daß die Unterhaltung der neuen Straße in viel geringeren Maaße kostspielig sein werde. Die auf Moorgrund angelegte und daher dem Verderb ganz unterworfenen Straße über den Nord-Canal nimmt für die jährlich wiederkehrenden Reparaturen ein bedeutendes hinweg. Es sollen, wenn wir gut unterrichtet sind, dazu blos für das Jahr 1837 und 1838 von 30.000 Thaler in Vorschlag gebracht sein, welche dem neuen Unternehmen zugewendet, dasselbe seiner Stellung ziemlich

[Nächste Seite] nahe bringen würde, zumal die betheiligten Gemeinden überall die Bereitwilligkeit ausgesprochen haben, die vorkommende Grund-Entschädigung zur Förderung des Zweckes aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Nach dem Maaßstabe, der bisher für die Canalstraße wichtigen Herstellungskosten im Gegensatze zu dem weit geringeren Unterhaltungsbedarf des neuen Weges glauben wir sogar keine gewagte Behauptung auszusprechen, wenn wir versichern, daß der neue Straßenbau, wenn auch für den Augenblick kostspieliger doch für die Dauer, und auf längere Jahre berechnet, dem Staate keine unerheblichen pekuniairen Vortheile und Ersparnisse gewähren werde.

Die Stadt Neuß, welche ungeachtet ihrer schon ansehnlichen Bevölkerung weder mit einer Garnison, noch mit einer höheren Gerichtstelle begünstigt und noch weit von der Wohlfahrt und dem Glanzpunkte entfernt ist, worauf sie in früheren Jahrhunderten stand, sieht sich durch die beabsichtigte und aller Wahrscheinlichkeit nach in die Wirklichkeit übergehender Anlage einer stehenden Rheinbrücke bei Düsseldorf in diesem Augenblicke noch bedroht, eines großen Theiles ihres Verkehrs mit der landeinwärts gelegenen Umgegend beraubt zu werden. Die Beibehaltung der jetzigen Canalstraße würde sie von allen und jeder Verbindung zwischen den Fabrikstädten Rheidt, Gladbach und Viersen und dem bergischen Lande vollends abschneiden, ihrem jetzt schon im Abnehmen begriffenen Fruchtmarkt noch tiefer herunterbringen und schon ihr von allen Seiten schmerzlicher und nicht zu ersetzende Verluste bereiten.

Eine zwar schwache, aber denkbar erkannte Entschädigung würde dafür die neue Verbin-

[Nächste Seite] dungsstraße bringen. Wir erbitten und hoffen diese von der gnädigsten Einwirkung Eurer Königlichen Hoheit, und ersterbend werden wir zu besserer Veranschaulichung der Sachverhältnisse eine Zeichnung beizufügen uns erlauben, in Gefühlen und Ausdrücken tiefster Ehrfurcht Euer Königlichen Hoheit

alleruntherthänigste Bürgermeister und Stadträthe von Neuhs (gez:) Carl Conrad Loerick, Friedrich van Endert, Heinrich Joseph Schmitz, Peter Arnold Frowein, D. Bremenkamp,Gruben, Jacob Heinrich Hüsgen, Friedrich Kamper,Peter Reinartz, Franz Joseph Schmitz, Jacob Pantzer, Franz Gerard Rottels, A. Bircken, Johan Heinrich Elfes, Peter Anton Broix, Anton Heesemann, Joseph Dünbier, Heinrich Thywissen, Michael Frings, A. Tillmann, Ahrweiler, Christian Wilhelm Geyr, Joseph Kayser, Heinrich Jacob Ehser, Peter Degreeff, Leonard Schwann,

Für die Abschrift Der Bürgermeister [gez.] Carl Conrad Loerick.[Nächste Seite]