Der Vorsitzende verliest den von der Commission mit dem IngenieurScheven vereinbarten Vertrag. Derselbe lautet wie folgt:
§ 1 Die Stadt Neuss ertheilt dem Herrn Scheven die Concession zur Anlage eines Wasserwerkes mit Leitungen und sonstigem Zubehör seine zur Wasserversorgung der Stadt mittelst desselben, nach dem anliegenden Plane und Kostenanschlage vom 26 Mai courant, welche dem gegenwärtigen Vertrage als Pertinenzstücke beigeheftet und ne varientur von den Contrahenten paraphirt werden sollen. Sie
[Nächste Seite]Sie verpflichtet sich zu gleichem Zwecke weder einem anderen die Concession zu ertheilen noch selbst eine Anlage auf eigene Rechnung auszuführen. Herr Scheven garantirt, daß der im Kostenanschlage enthaltene Gesamtbetrag nicht überschritten werde.
§ 2 Das für die Pumpwerks- und Sammel-Anlage erforderliche Terrain bis zu einer Größe von höchstens 2 Morgen stellt die Stadt dem Herrn Scheven miethweise gegen eine Zahlung von jährlich 30 Mark per Morgen und unkündbar zur Verfügung, bis die Stadt das Wasserwerk selbst übernimmt.
Das zur Herrichtung der Leitungen anfänglich oder später nothwendige Terrain stellt die Stadtgemeinde unentgeldlich, soweit es sich um Communalwege handelt. Sie verpflichtet sich auch, alles zu thun, um bei der Provinzial-Verwaltung die Erlaubniß zur Benutzung der Bezirksstraßen behufs Herrichtung der Leitungen für sich resp. Herrn Scheven zu erhalten. Sollte diese Benutzung an bestimmte Bedingungen geknüpft werden, so sind solche auch für Herrn Scheven maßgebend.
§ 3 Die Stadt Neuss stellt den an der Tonhalle befindlichen Festungsthurm unentgeldlich zum Zwecke des Ausbaues zur Aufstellung eines Reservoirs zur Verfügung. Der Thurm bleibt Eigenthum der Stadt. Sollte derselbe nicht mehr zur Auffstellung des Reservoirs benutzt werden, so
[Nächste Seite]so geht derselbe in die unbeschränkte Benutzung der Stadt über.
§ 4 Die Stadt befreit das Unternehmen für die ersten zehn Jahre von der Communal-Einkommensteuer.
§ 5 Herr Scheven hat die Arbeiten sogleich nach ertheilter Genehmigung spätestens im Laufe dieses Jahres zu beginnen und spätestens bis Ende nächsten Jahres zu vollenden.
§ 6 Während der Ausführung der Anlage und nach Fertigstellung derselben hat die Stadt das Recht von der Güte der Materialien und der plan- und kostenanschlagsmäßigen Ausführung sich zu überzeugen Behufs Ausübung dieser Controlle wird sich die Stadt mit Herrn Scheven über einen Sachverständigen einigen; sollte solche Einigung nicht zu Stande kommen, so soll die Königliche Regierung zu Düsseldorf einen solchen Sachverständigen ernennen. Dieser entscheidet endgültig über die Güte der Materialien und die plan- und kostenanschlagsmäßige Ausführung der Arbeiten. Auf seine Entscheidung hin behält sich die Stadt das Recht vor, die Benutzung der verworfenen Materialien zu untersagen und die Fortsetzung der plan- und vorschlagswidrigen Arbeiten zu verbieten.
§ 7 Die Ausführungen der Privat Zuleitungen und
[Nächste Seite]und derjenigen zu den öffentlichen Gebäuden der Stadt bis an die Grenzen des betreffenden Eigenthums wird unentgeldlich für den Anschlußsuchenden ausgeführt, wenn die Anmeldungen zur Wasserentnahme vor dem zeitig in ortsüblicher Weise bekannt zu machenden Beginn der Arbeiten auf desfallsige mit der Bekanntmachung zu verbindende Aufforderung eingehen.
Später sich meldende Consumenten tragen die Kosten dieser Zuleitungen selbst.
Sämmtliche derartige Leitungen verbleiben als Zubehör zur ganzen Wasserwerks-Anlage.
§ 8 Die Wasserabgabe Seitens des Herrn Scheven erfolgt zu den jetzt geltenden Tarifsätzen des Wasserwerks der Stadt Mülheim a/Rhein, wovon ein Exemplar dem Vertrage als Pertinenzstück beigeheftet werden soll. Herrrn Scheven bleibt vorbehalten, der Tarif nach eigenem Ermessen zu ermäßigen.
§ 9 Das für Feuerlöschzwecke erforderliche Wasser gewährt Herr Scheven unentgeldlich. Derselbe ist außerdem verpflichtet, die Hydranten zu unterhalten, wohingegen die Stadt für die Benutzung der Hydranten zu Feuerlöschzwecken jährlichs 5 Mark für jeden Hydranten zahlt. Für die Wasserentnahme ihrer öffentlichen Gebäude zahlt die Stadt nach Tarif wie ad § 8. Die Berechnung erfolgt, so daß die von der Stadt für ihre sämmtlichen Gebäude gezogenen Wassermenge zusammengezogen und
[Nächste Seite]und vom ganzen Betrage der tarifmäßige Rabatt abgezogen wird.
Für die Wasserentnahme zu sonstigen Zwecken, z.B. Straßenbewässerung, Speisung der [ein Wort überklebt] etc. wird besondere Vereinbarung noch vorbehalten.
§ 10 Herr Scheven hat das Recht, mit Genehmigung der Stadt, das Wasserwerk und die damit verbundene Concession zur Wasserversorgung der Stadt an jeden Dritten abzutreten.
Die Stadt Neuss behält sich das Recht vor, ihre Genehmigung in einem bestimmt zu motivirenden Beschlusse zu versagen, wenn das communale oder öffentliche Interesse durch die Uebertragung geschädigt wird. Im Streitfalle entscheidet die Königliche Regierung zu Düsseldorf.
§ 11 Herr Scheven verpflichtet sich auf Antrag der Stadt, jede Erweiterung des Röhrennetzes über den nach § 1 festgestellten Plan hinaus vorzunehmen. In diesem Fall muß jedoch die Stadt Neuss einen Netto-Ertrag des Erweiterungsbaues von 4 1/2 Prozent gerantiren.
§ 12 Die Stadt Neuss übernimmt die ganze WasserwerksAnlage käuflich, sobald die Einnahmen für das abgegebene Wasser nach Abzug der Betriebskosten 10 000 Mark überschreiten.
Als Uebernahmspreis gilt der Gesammtbetrag der nach Fertigstellung des ganzen Werkes zu ermittelnden
[Nächste Seite]Kosten der Ausführung mit folgendem Zuschlage und Abzuge
Erfolgt die Uebernahme mit Ablauf des ersten Betriebsjahres, so beträgt der Zuschlag 15 % des Gesammtbetrages; für jedes vollendete weitere Jahr erhöht sich der Zuschlag um je 2 Prozent bis zu einer Maximal-Grenze von 25 Prozent.
Im Falle der Uebernahme mit Ablauf des ersten Betriebsjahres findet ein Abzug nicht statt. Dagegen werden von da ab als Erneuerungsfonds jährlichs 2 % des erwähnten Gesammtbetrages abgezogen. Diese 2 % mindern sich jedoch noch um die Kosten der wirklich stattgehabten Erneuerungen bis zur Uebernahme, aber außer denjenigen, welche im ersten Betriebsjahre aufgewendet sind.
§ 13 Die Feststellung des Vorhandenseins der Vorbedingung zur Uebernahme der Anlage seitens der Stadt erfolgt in nachstehender Weise:
Sobald das Wasserwerk in der vorgesehenen Weise rentirt, macht Herr Scheven schriftliche Anzeige. Frühestens 1 Monat und spätestens 2 Monate nach dieser Anzeige beginnt mit Anfang eines Kalendermonats ein Controlljahr. Zu Anfang und Ende desselben wird nach den gleichen Grundsätzen genaue Bilanz gezogen. Während dieses Jahres und bei Aufstellung der Bilanzen kann die Stadt durch einen oder mehreren dazu Beauftragte jederzeit Einsicht von allen Anlagen und in die Bücher nehmen. Ein Eingriff in die Geschäftsführung steht jedoch
[Nächste Seite]der Stadt nicht zu. Die Kosten der Controlle trägt die Stadt, falls sie die Wasserwerks-Anlage übernimmt, andernfalls Herr Scheven.
Für die Dauer dieses Controljahres verzichtet die Stadt Neuss auf ihr Recht, eine Vergrößerung des Röhrennetzes zu verlangen.
Zur Feststellung des fraglichen Zeitpunktes ist die Stadt Neuss auch ohne Anzeige des Herrn Scheven berechtigt, zu jeder Zeit die Controlle auszuüben und in gleicher Weise und mit den gleichen Berechtigungen, wie vor angegeben, ein Controlljahr durchzuführen, dies jedoch nur auf ihre Kosten. Der Stadt Neuss wird endlich auch das Recht vorbehalten, von einem Controljahre ganz abzusehen und die ganze Anlage 3 Monate nach der schriftlichen Anzeige ihrer Absicht an Herr Scheven zu dem nach § 12 festzustellenden Preise zu übernehmen.
§ 14 Das zum Bau der ganzen Wasserwerks-Anlage erforderliche Capital stellt die Stadt Neuss dem Herr Scheven darlehnsweise zur Verfügung gegen Verzinsung von 4 % jährlich und eine der Stadt genügende Bürgschaft für Capital und Zinsen. Die Gewährung des Capitals erfolgt in vom Tage der Auszahlung ab verzinsliche Raten in Gemäßheit des Fortschreibens des Baues. Die Rückzahlung des Capitals seitens des Herrn Scheven an die Stadt erfolgt durch Aufrechnung
[Nächste Seite]bei Feststellung des Uebernahmepreises in gemäßheit des § 12 oder eventuell Herauszahlung des etwaigen Ueberschusses bei der Uebernahme die Verzinsung mit Ablauf des Budget-Jahres der Stadt Neuss.
§ 15 Die Genehmigung der Königlichen Regierung in Düsseldorf bleibt vorbehalten.
Nach längerer Berathung erklärt die Versammlung sich einstimmig mit dem Entwurfe einverstanden.