Band 59: Eintrag vom  20. Oktober 1879 (Nr. 151)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
1. Ortstatut für gewerbliche Unterstüzungskassen.

Der Vorsitzende legt der Versammlung den Entwurf des Ortsstatuts für die hiesige Stadt betreffend gewerbliche Hülfskassen vor. Die Versammlung erklärt sich mit dem Erlasse dieses Ortsstatuts einverstanden.

Daselbe lautet wie folgt: Auf Grund des § 142 der Gewerbeordnung und des Gesetzes vom 8. April 1876, betreffend Abänderungen des Titels VIII. der Gewerbeordnung wird nach Anhörung betheiligter Gewerbetreibender und unter Zustimmung der Stadtverordneten-Versammlung für den Gemeindebezirk Neuss Nachstehendes festgesetzt.

§ 1

Alle im Bezirke der Stadt Neuhs beschäftigten Gesellen, Gehülfen, Fabrikarbeiter und Fabrikarbeiterinnen, welche das 16. Lebensjahr zurückgelegt haben und im Stadtbezirke Neuss wohnen sind verpflichtet, denjenigen

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eingeschriebenen Hülfskassen beizutreten und so lange sie im Stadtbezirke beschäftigt sind, anzugehören, welche für die einzelnen Kassen von Arbeitern von der Gemeindebehörde nach Anhörung der Betheiligten bestimmt oder errichtet werden.

Wer dieser Verpflichtung nicht genügt, kann von der Kasse, welcher er nach der von der Gemeindebehörde getroffenen Bestimmung angehören müßte, für alle Zahlungen, welche beim rechtzeitigen Eintritt von ihm zu entrichten gewesen wären, gleich einem Mitgliede in Anspruch genommen werden.

§ 2

Von der in § 1 ausgesprochenen Verpflichtung sind diejenigen befreit, welche nachweisen, daß sie einer anderen eingeschriebenen Hülfskasse oder einer nach Art. 2 des Gesetzes vom 8. April 1876 den eingeschriebenen Hülfskassen gleich zu achtenden Hülfskasse als Mitglieder angehören.

§ 3.

Die auf Grund des § 1 Abs. 1 von der Gemeindebehörde getroffenen Bestimmungen sind in der für die Veröffentlichung ortspolizeilicher Verordnungen in Neuss vorgeschriebenen Weise bekannt zu machen.

§ 4.

Arbeitgeber haben ihren Gesellen, Gehülfen und Arbeiter, welche der in § 1 ausgesprochenen Verpflichtung unterliegen, soweit sie zur Zeit der Veröffentlichung der von der Gemeindebehörde getroffenen Bestimmung (§ 3) bei ihnen in Arbeit stehen, binnen 3 Tagen nach dieser Veröffentlichung bei der Gemeindebehörde, soweit sie später bei ihnen in Arbeit treten, binnen 3 Tagen

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nach dem Antritt der Arbeit bei dem Kassenvorstande anzumelden. Arbeitgeber, welche dieser Pflicht nicht genügen, können von der Kasse für alle Zahlungen, welche bei rechtszeitigem Eintritt von den nicht angemeldeten Arbeitern zu entrichten gewesen wären, gleich einem Mitgliede in Anspruch genommen werden.

§ 5

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Beiträge, welche ihre Gesellen, Gehülfen und Arbeiter an die nach Maßgabe des § 1 für sie bestimmte Hülfskasse zu entrichten haben, soweit sie während der Arbeit bei ihnen fällig werden, bis auf die Hälfte des verdienten Lohnes vorzuschießen.

Den Arbeitgebern steht das Recht zu, die vorgeschossenen Beiträge bei der dem Fälligkeitstage zunächst vorausgehenden oder bei einer diesen Tage nachfolgenden Lohnzahlung in Anrechnung zu bringen.

§ 6

Für die in Fabriken beschäftigten Arbeiter, welche nach § 1 dieses Statuts einer eingeschriebenen beitraspflichtig sind, haben deren Arbeitgeber zuschüsse an die letzeren im Betrage der Hälfte der Mitgliederbeiträge zu leisten.

§ 7

Rückständige Zahlungen, welche von Arbeitgebern und Arbeitern auf Grund der ihnen nach Maßgabe dieses Statuts obliegenden Verpflichtungen zu leisten sind, werden im Verwaltungswege unter Vorbehalt richtlicher Entscheidung eingezogen.

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§ 8 ( 1 ) Uebergangsbestimmung.

Die Bestimmung des Ortsstatuts vom 4. October 1854 respective 24. November 1855 sowie die darauf bezügliche Polizeiverordnung vom 14/7 56 bleiben für diejenigen gewerblichen Hülfskassen, welche zur Zeit auf Grund des Ortsstatuts bestehen, so lange in Kraft, bis die Umwandlung derselben in eingeschriebene Hülfskassen nach Maßgabe des Gesetzes vom 7. April 1876 erfolgt und in der im § 3 bestimmten Weise zur öffentlichen Kenntniß gebracht ist.