Band 47: Eintrag vom  6. Juli 1844 (Nr. 115)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 

Bedingungen der Stadt unter welchen Dampfschifffahrts Verbindung zwischen Neuss und Düsseldorf gestattet werden wollte.

In Verfolg der vorläufigen Beschlüsse vom 14. Mai 1841, und 28. Juni 1844, wodurch die Benutzung des hiesigen Erft-Canales zum Zwecke einer DampfschifffahrtsVerbindung zwischen Neuss und Düsseldorf von Seiten des Stadtrathes genehmigt wurde, und nur die nähere Bedingungen und Stipulationen, unter welchen die Benutzung geschehen soll, vorbehalten worden sind, stellte der Stadtrath diese Bedingungen, nachdem der Gegenstand in mehren Sitzungen sorgfältig discutirt worden, folgender Maßen fest:

1°) Die Gesellschaft hat sich verbindlich zu machen, allen und jeden Schaden, welcher an den Ufern und im Bette des [Fehlerhaft markierte Entität]Canales zwischen der Brücke am Hessenthore und der Mündung am Rheine, sowohl an städtischen als Privat-Grundstücken durch die Dampfschifffahrt erweislich verursacht wird, nach einer darüber von Sachverständigen zu ermittelnden Schätzung zu vergüten. Die dieserhalb zu bildende Schätzungs-Commission soll bestehen aus einem Sachverständigen, welcher von der Stadt repective den Beschädigten Grundeigenthümern, aus einem zweiten Sachverständigen, welcher von der Gesellschaft, und aus einem dritten, welcher von der Königlichen Regierung als Obmann erwählt wird. Der Ausspruch dieser Commission ist bindend, und es findet dagegen kein Rekurs statt. Die der Stadt zu leistende Entschädigung, respective die vollständige Vertretung derselben bei den Privat-Grundbesitzern übernehmen die jetzigen Mitglieder der Gesellschaft, und es haben diese dafür nicht nur mit dem Actien-Capitale, sondern auch mit ihrem persönlichen Vermögen solidarisch unter sich zu haften.

2°) Um eine Beschädigung der Ufer möglichst zu verhüten, verpflichtet sich die Geselschaft auf dem Erft-Canale nur die Hälfte der Dampfkraft des Schiffes anzuwenden. 3°) Da der allgemein angenommenen Meinung nach die Befahrung des Erft-Canales mit dem Dampfschiffe eine

[Nächste Seite] größere Verschlammung des Bettes zur Folge haben dürfte, so ist die Gesellschaft zu verpflichten, die zur Wegräumung des Schlammes überhaupt nöthigen Ausbaggerungen gegen eine von der Stadt zu zalende Aversionalsumme zu übernehmen. Nach den geschehenen Ermittelungen ist diese Aversionalsumme auf den Betrag von vierhundert drei und fünfzig Thalern festgestellt worden, welche der Gesellschaft jährlich von der StadtCasse gezahlt werden, und wogegen jene die Verpflichtung übernimmt, das Erftbett auf der Strecke vom Hessenthore bis zur Mündung in den Rhein stets in demjenigen Zustande zu erhalten, worin sich der Kanal beim Beginne der Dampfschifffahrt befindet. Um diesen Zustand genau kennen zu lernen, und darüber etwas Positives festzustellen, worauf zu allen Zeiten zurückgegangen werden kann, soll das Erftbett vor dem Anfange des Erfschifffahrtsdienstes durch einen zuverläßigen Techniker vollständig auf gemeinschaftliche Kosten verpeilt, und die derfallsige Aufnahme in einem Exemplare im städtischen Archive, und in einem zweiten Exemplare bei der Gesellschaft niedergelegt werden.

4°, Die Gesellschaft hat sich zu verpflichten, die noch für nöthig erachteten Ausliegeplätze auf ihre alleinige Kosten verfertigen zu lassen, und die dazu erforderlichen Grund Entschädigungen zu leisten, sowohl wenn städtiches, als wenn PrivatEigenthum dafür in Anspruch genommen werden musst. Sie macht sich verbindlich, die desfallsigen Arbeiten alsbald vorzunehmen, so wie die Stadt den Bau solcher Ausliegeplätze im Interesse der übrigen Schiffahrt nöthig findet, und sie der Gesellschaft darüber Aufforderung zugehen läßt.

5°, Diejenigen übrigen Arbeiten, welche etwa zu weitere als der gegenwärtig bestehenden Austiefung des Bettes, so wie zu jetzt nicht vorhandenen Stromver- besserungen überhaupt nöthig werden, übernimmt die Stadt auf ihre alleinige Rechnung. Insbesondere übernimmt die Stadt auch noch den im Interesse der allgemeinen Schiffahrt jetzt schon nöthigen Ausbau der Böschungen am rechtseitigen Ufer des Erft-Canales, jedoch so, daß sie diese, so wie die übrigen im gegenwärtigen Artikel bezeichneten Arbeiten nach ihrem Gutdünken und in einem beliebigen Zeitraume ausführen läßt,

[Nächste Seite] ohne von der Gesellschaft je dazu angehalten werden zu können.

6°, die Gesellschaft sich hat sich zu verpflichten, über die von ihr geschehenden Ausbaggerungen genaue und gewissenhafte Rechnung zu führen, welche Rechnung von jenen über den Bau der Ausliegeplätze (§ 4) getrennt zu halten ist. Für denjenigen Fall, daß die ihr gewährte Aversionalsumme von vierhundert drei und fünfzig Thalern für die Ausbaggerungen in einem Jahre nicht erforderlich gewesen, hat die Gesellschaft sich mit demjenigen Betrage zu begnügen, welcher nach der geführten Berechnung wirklich zur Verwendung gekommen ist. Die bewilligte Aversio-nalsumme respective den zur Verwendung gekommene Betrag wird daher erst nach Ablauf des Betriebsjahres, und nach Verlegung des geführten Ausgaben-Contos ausgezahlt. Dagegen hat die Gesellschaft förmlichst auf alle und jede Nachzalung zu verzichten, wenn die von ihr geschehenen Ausbaggerungen mehr als die Aversionalsumme von vierhundert drei und fünfzig Thalern in einem Jahre betragen haben.

7°, Der Stadt wird zu jeder Zeit die Einsicht der auf die Ausbaggerung Bezug habenden Buchführung und das Recht eingeräumt, die Baggerarbeiten auf die ihr beliebige Weise zu controlliren. Ergiebt sich bei den Verpeilungen, welche die Stadt auf gemeinschaftliche Kosten von Zeit zu Zeit vornehmen lassen wird, daß Erftbett und Ufer nicht auf derjenigen Tiefe, respective nicht in demjenigen Zustande sich befinden, wie bei dem Antritte des Dampfschifffahrtsdienstes, so hat die Gesellschaft sich zu verpflichten, das hiernach Fehlende auf die erste an sie von der Stadt ergehende Aufforderung zu ergänzen. Sofern dieser Aufforderung in einer von der Stadt zu bestimmenden angemessenen Frist nicht nachgekommen werden möchte, soll die Stadt das Recht haben, die fehlenden Arbeiten auf Rechnung der Gesellschaft ausführen zu lassen, und es hat letztere sich zur unweigerlichen Zahlung der desfallsigen Kosten zu verpflicheten.

Der Gesellschaft soll dagegen auch das Recht zustehen, auf die Vornahme einer solchen Verpeilung jedesmal anzutragen.

8°, Für die Benutzung des Erft-Canales, so weit solche

[Nächste Seite] die Personenfahrten betrifft, und zugleich für die ausschließliche Benutzung eines anzuweisenden LandungsPlatzes am Ufer, entrichtet die Gesellschaft in demjenigen Falle, daß ihr Netto-Gewinn einschließlich der Zinsen des Actien-Capitales keine zehn Prozente erreicht, an die Stadt eine jährliche Vergütung von Einhundert Thalern, welche auch selbst dann zalbar sind, wenn das Unternehmen überhaupt keinen Nutzen abwerfen sollte. Stellt sich dagegen heraus, daß der NettoGewinn zehn Prozente übersteigt, so wird die an die Stadt zu leistende Vergütung auf Einhundert und fünfzig Thalern bestimmt. Der Stadt, respective ihren Vertretern ist demnach zu jeder Zeit die Einsicht in die Bilanz der Gesellschaft gestattet, welche letztere Bedingung jedoch wegfält, sobald die Gesellschaft den höhere Betrag von Einhundert fünfzig Thalern entrichtet. Die mit dem Dampfschiffe transportierten Güter bleiben außerdem noch dem durch die allerhöchste CabinetsOrden vom 19. October 1836 für die Erftschifffahrt festgestellten Tarif, wie er jetzt besteht, oder künftig regulirt werden möchte, unterworfen, und haben die darin bezeichnete Gebühr an die Stadt-Casse zu entrichten. Ebenso ist die Gesellschaft der bestehenden Verordnung über die Schifffahrt auf dem Erft-Canale vom 4. Februar 1837 unterworfen, und sie hat dieses Reglement sowohl als alle etwa künftig zu erlassenden polizeilichen Anordnungen genau zu befolgen.

9°, Bei entstehenden Zweifeln, ob die Beschädigungen an den Ufern und im Erftbette durch die Dampfschifffahrt verursacht worden (confer §. 1:) so wie bei allen aufkomkommende Meinungsverschiedenheiten über die Interpretation der zu Stande gekommenen Einigung wird eine Commission von fünf Mitgliedern gebildet, wovon zwei durch den Stadrath, zwei durch die Gesellschaft und eins durch die Königliche Regierung bezeichnet wird, und bei deren Ausspruch es, ohne allen weitere Rekurs, dann sein unabänderliches Bewenden hält.

10.; Der Gesellschaft wird die ausschließliche Benutzung des Erft-Canales mit Dampfschifffahrt auf fünfzehn Jahre zugesichert. Im Falle einer zweiten Gesellschaft nach Ablauf dieser fünfzehn Jahre eine Con-

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currenz gestattet wird, hat diese letztere die von der ersten Gesellschaft für Ausliegeplätze und Strom Verbesserungen, wenn sie deren unternehmen sollte, erweislich gehabten Auslagen verhältnißmäßig zu vergüten. Sollte sich die Gesellschaft aber vor Ablauf des Zeitraumes von fünfzehn Jahren oder später auflösen, so hören mit diesem Augenblicke auch die Verpflichtungen derselben auf, nur daß die Gesellschaft den Erft-Canal der Stadt in demjenigen Zustande zurückzuliefern hat, wie solcher beim Antritte des Dampfschifffahrtdienstes (§.3) befunden worden ist. 11°, Nachdem die Gesellschaft zu den hier aufgestellten Bedingungen ihre Zustimmung gegeben, und höhere Orts die Conzession erhalten hat, soll darüber ein förmlicher notarieller Vertrag gethätigt werden.

Die obigen Bedingungen wurden vom Stadtrath im Beisein der Mitglieder, welche zugleich Actionaire der Gesellschaft sind, discutirt. Bei §.10 enthielten sich diese Mitglieder, namentlich die Stadträthe: Dr. Rheindorf, Adolph Linden, Jacob LeHann, Arnold Tillmann, Heinrich Thywissen, Peter Schuhmacher, Franz Gerhard Rottels, Peter Reinartz und Peter Anton Frowein der Abstimmung. An der Abstimmung nahmen ebenfalls nicht Theil der Stadtrath Franz Heinrich Esser und den Stadtrath Peter Degreeff, welcher letzter sein Separat-Votum dafür zu Protocoll gab, daß nach seinem dafürhalten es der Stadt für denjenigen Fall, daß die Dampfschifffahrt sich nachtheiig erweisen möchte, freistehen müsse, nach Ablauf von fünf Jahren die ertheilte Befugniß zur Benutzung der Erft-Canales wieder zurückzunehmen, und daß von vorneherein eine freie Concurrenz eintreten müsse.

Die demnach auf 14 Mitglieder incl des Bürgermeisters beschränkte Abstimmung über diesen Artikel ergab das Resultat, daß sich zehn Mitglieder für einen Zeitraum von 15 Jahren, zwei für einen Zeitraum von 20 Jahren, und zwei für einen Zeitraum von 25 Jahren erklärten. Unter den zehn Mitgliedern, welche sich für einen Zeitraum von 15 Jahren aussprachen, befand sich der Stadtrath Reiner Broix, welcher unter dem Vorbehalte für die 15 Jahren gestimmt hat, daß zugleich die Frage mit zur Abstimmung gebraucht werde:

Was hat der Stadtrath vorzusehen, wenn das Unternehmen sich für die bürgerlich-commerzielle

[Nächste Seite] Wohlfahrt ruinirend erweist ?

auf welche Abstimmung der Bürgermeister und die Majorität des Stadtrathes jedoch nicht eingegangen.

Actum ut supra