Band 52: Eintrag vom  16. April 1860 (Nr. 605 )

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
7. Errichtung einer höheren Töchterschule respective einer UrsulinerFiliale.

Der vorsitzende Bürgermeister legte dem Beschluße vom 12. des Monats gemäß, die von der Fachkommission aufgestellten Bedingungen für ein mit dem Ursulinerorden abzuschließendes Übereinkommen wegen Errichtung einer zweiklassigen höheren Töchterschule vor, und begleitete diese Vorlage mit einer Auseinandersetzung über die bei Ausführung des Projectes entstehenden muthmaßlichen Kosten.

Nach Verlesung dieser Bedingungen, wornach die Stadt unter Andern dem Orden ein geeignetes Lokal zur Nutznießung bereit zu stellen hat, brachte der Stadtverordnete Derath den Antrag ein, daß bevor über diese Bedingungen berathen wird, Stadtrath sich darüber aussprechen möge, ob er gewillt sei, für eine zweiklassige höhere Töchterschule 20000 Thlr zur Disposition zu stellen. Dem entgegen stellte der Stadtverordnete Weise folgenden Antrag:

" In Erwägung, daß die Summe von 20000 Thlr nicht blos für " eine zweiklassige höhere Töchterschule ausgelegt werden soll, " sondern nach dem Vorschlage der Commission durch diese Auslage " auch die Gehälter für drei Elementarlehrerinnen erspart werden, " und daß bei der Übertragung der höheren Töchterschule an " Ursulinerinnen, womit jene Auslage verbunden ist, höchstens " ca 200 Thlr. jährlich mehr an Kosten nothwendig sind als " bei der Übertragung dieser Schule an weltliche Lehrerinnen, " überdies die Ursulinerinnen gleichzeitig ein Pensionat errich" ten werden, beschließt Stadtrath über den Antrag des " Stadtverordneten Derath zur Tagesordnung überzugehen, um " demnächst, dem Beschlusse der vorigen Sitzung gemäß die Be" dingungen zu einem Vertrage mit den Ursulinerinnen " zu prüfen und festzustellen.

Dieser Antrag fand die Zustimmung der Versammlung und

[Nächste Seite] und es wurde nunmehr mit der Berathung der Bedingungen begonnen.

Nachdem nochmal zu dem Ende § I des Vertrages verlesen worden, stellte der Stadtverordnete Schmitz den Antrag, daß die Versammlung erklären wolle, daß die Commission ihre Befugnisse überschritten habe, indem es sich lediglich um eine zweiklassige Töchterschule, nicht aber zugleich um ein Pensionat und Übernahme von Elemantarschulklaßen durch Ursulinerinnen handle. Stadtrath ging auf den Antrag des q Schmitz jedoch nicht ein, setzte die Prüfung des Vertragsstipulationen vielmehr fort und stellte solche wie folgt fest:

" § 1. Die Stadt Neuss erbietet sich, dem Orden der Ursulinen "ein geignetes Haus zur Errichtung einer Filiale das heißt einer " höheren Töchterschule in Verbindung mit einem Pensionate " so wie zur Unterbringung einer 3 klassigen Elementar" freischule unentgeldlich zur Disposition zu stellen. " § 2. Die Benutzung dieser Gebäulichkeiten zu den erwähnten " zwecken wird dem Orden der Ursulinen in den Grenzen " des Niesbrauchs und so lange gewährleistet, als die zu " errichtende Filiale hierselbst besteht. Die kleinen Repara" turen der sämmtlichen Gebäulichkeiten mit Ausnahme " des einzurichtenden Elementarschulgebäudes trägt daher der " Orden. Die Beschaffung und Unterhaltung der Utensilien " der Elementarfreischule ist Pflicht der Stadt, die der " übrigen Schulen der Filiale Pflicht des Ordens. " Der Orden verpflichtet sich, vor Ablauf von zwölf Jahren " die Auflösung der Filiale weder zu beantragen noch " überhaupt auszuführen. Sollte derselbe sich aber in die " Nothwendigkeit versetzt sehen, mit Ablauf der zwölf " Jahre die Anstalt verlassen zu müssen, so ist er ver" bunden, ein Jahr vorher das heißt also mit Ablauf des " eilften Jahres zu kündigen.

" Ein gleiches Kündigungsrecht unter derselben Bedingung " behält sich die Stadt nach Ablauf der zwölf Jahre ebenfalls vor. " § 3. Erweiterungen und Neubauten, die lediglich ein " Intersse der höheren Töchterschule, des Pensionats und " der mit der Filiale zu verbindenden Elementarzahl" schule sind, werden nach der ersten Überweisung des " Gebäudes später Seitens des Ordens und auf dessen alleinige " Kosten nach einen der städtischen Verwaltung vorzulegenden " Plane eines Sachverständigen und auch dessen Gutachten " über die Zweckmäßigkeit ausgeführt. Im Falle über " die Zweckmäßigkeit Meinungsverschiedenheiten zwischen " dem Orden und der Stadt hervortreten sollten, wird " die Entscheidung hierüber der Königlichen Regierung zu " Düsseldorf übertragen, welche für beide Theile maßgebend " sein soll. Dagegen verpflichtet sich die Stadt, im Falle der

[Nächste Seite] " der Orden nach § 2. die Filiale aufzulösen gezwungen sein sollte, den " Orden für diese Erweiterungen und Neubauten insofern dadurch " das Haus eine Verbesserung erfahren hat, drei Viertel des Tax" werthes der Bauten fur Zeit der Auflösung zu vergüten.

" Falls die Stadt ihrerseits von dem ihr im § 2. vorbehaltenen Kündi" gungsrechte Gebrauch machen sollte, verpflichtet sich dieselbe, " dem Orden den ganzen Taxwerth der Erweiterungen und " Neubauten zu vergüten, ebenfalls in so fern dadurch das " Haus Verbesserungen erfahren hat.

" § 4. Der Orden verpflichtet sich in Neuß eine zweiklassige " höhere Töchterschule auf seine Kosten einzurichten, sowie unent" geldlich den Unterricht in der Filiale zu verbindenden " dreiklassigen Elementarschule zu ertheilen.

" Zur Subsistenz des Ordens ist ihm außerdem gestattet, auf " seine Kosten ein Pensionat und eine Elementarzahlschule " einzurichten. Insofern die Einnahmen der Filiale zur Sub" sistenz derselben erweislich nicht ausreichen sollten, gibt die " Stadt für die ersten drei Jahre und nur auf diese Dauer, " der Filiale eine jährliche Subvention bis zu 700 Thlr, und gesteht " dem Orden die Berechtigung zu, in der höheren Töchterschule " ein Schulgeld von 20 respective 15 Thlr jährlich, jenachdem die " betreffenden Eltern der Kinder zur Einkommensteuer oder zur " Klassensteuer veranlagt sind, sowie in der Elementarzahl" schule ein Schulgeld von 12 Thlr jährlich zu erheben.

" Jedoch ist der Orden verpflichtet, die Elementarzahlschule nach dem" selben Lehrplan einzurichten wie auch die übrigen Elementar- " schulen eingerichtet sind, und die mit dem Zeugnisse der " Reife aus letzteren entlassenen Mädchen in die höhere Töchter" schule aufzunehmen.

" § 5. Die in § 4. erwähnte Einrichtung der Schule von der " competenten Aufsichtsbehörde für unzweckmäßig erachtet " werden sollte, ist der Orden verpflichtet, dieselbe nach dem " Gutachten der genannten Behörde anderweitig einzurichten" Stadtverordneter Therkatz erklärte zu Protokoll, daß er sich der Abstimmung enthalten habe, weil nicht die Verträge anderer Städte, welche in ähnlichem Falle sich befunden haben, requirirt und vorgelegt worden und dadurch die Prüfung der Frage beschränkt worden.

a. u. s.

Nachdem auf einen Antrag des Bürgermeisters, die festgestellten Bedingungen dem Orden zur Erklärung, darüber vorzulegen, ob solche denselben conveniren, nicht eingegangen werden, wurde endlich beschlossen, in nächster Sitzung darüber zu berathen und zu beschließen, ob die höhere Töchterschule unter obiger Bedingungen dem Ursulinerorden oder ob solche weltlichen Lehrerinnen übertragen werden solle.