Band 45: Eintrag vom  23. Juni 1843 (Nr. 338 )

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 

Der Stadtrath von Neuss, schmerzlich ergriffen von der traurigen Lage der arbeitende Classe, welche bei dem eingetretenen Roggen-Mangel, und dadurch herbeigeführten ungewöhnlichen Theuerung des Brodes durchgängig nicht einmal so viel verdient, um dieses unentbehrliche Lebensmittel für ihre Familien anschaffen zu können, versammelte sich heute, um darüber zu berathen, wie diesem augenblicklichen Nothstande am wirksamsten und schnellsten zu steuern sei.

Es wurde allgemein erkannt, daß es sich hier um momentane Befriedigung eines höchst dringenden Bedürfnisses handle, und daher eine Roggen-Beziehung aus den entfernteren Niederlanden keine Aushülfe gewähren könne, indem die Sendungen durch den un-

[Nächste Seite] vermeidlichen Aufenthalt beim Transport zu spät eintreffen würden, um damit den gewünschten Zweck zu erreichen.

Der Stadrath, dessen Absicht es ist, das Brod zu einem mäßigen und wohlfeileren, als dem laufende Preise an die arbeitende Classe verabreichen zu lassen, findet hierzu kein geeigneteres Mittel, als die vorgesetzte Königliche Regierung inständig zu bitten, ihre Vermittelung dafür eintreten zu lassen, daß der hiesigen Stadt, wie es nach öffentlichen Nachrichten auch schon in Coblenz und Aachen geschehen ist, aus den Königlichen Magazinen, den Festungs-Beständen vorläufig einen Quantität von sechshundert Scheffeln Roggen oder Roggen-Mehl unter der Verbindlichkeit verabfolgt werde, eine gleiche Quantität in einem beliebig zu bestimmenden Zeitpunkte nach der Erndte in nämlicher Güte und Beschaffenheit an die Königlichen Magazine wieder zurück zu liefern.

Indem der Stadtrath für diese Zurückerstattung namens der schon durch ihr Patrimonial-Eigenthum hinlängliche Sicherheit darbietende Gemeinde Neuss mittelst der gegenwärtigen Erklärung die nöthige Bürgschaft übernimmt, kann er nur den angelegentlichen Wunsch aussprechen, daß die Überweisung der ebetener Quantität Roggen oder Roggen-Mehl auf das Schleunigste, und sofern es geschehen kann, wegen des schnelleren Transportes aus der Königlichen Magazinen zu Düsseldorf, sonst aber aus der Festungs-Beständen in Wesel erfolgen möge, da jeder Augenblick der Verzögerung den Nothstand auf eine drohende Weise vermehre.

Diesen Nothstand von der arbeitenden Classe abzuwenden, scheint das vorgeschlagene Mittel, bei dem wirklich eingetretenen Roggen-Mangel das einzig abhelfend, und es vertraut daher der Stadtrath zu der anerkannten Bereitwilligkeit der Landes-Regierung in solchen außerordentlichen Fällen gleich Hülfe zu leisten, daß die ausgesprochene Bitte diejenige schnelle Gewährung finden werde, welche allein vermogend ist, einer höchst betrübenden Lage der arbeitenden Classe wirksam abzuhelfen.

Actum ut supra