Band 45: Eintrag vom  kein Datum (Nr. 45 )

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 

Unterbringung der Gelder der Sparkasse.

Als Vertreter der Stadt möge es uns huldreich gestattet sein, uns in einer Angelegenheit, welche für diese Stadt von unverkennbar hoher Wichtigkeit geworden ist, von Ein Königlich Hohes Ministerium mit ehrerbietiger unmittelbarer Vorstellung zu werden.

Seit dem Jahre 1828 besteht hierselbst eine öffentlich Leih-Anstalt, verbunden mit einer unter die Garantie der Gemeinde gestellten Sparkasse, um deren letzteren inneren Verfassung und Wirksamkeit es sich handelt. Die Leih-Anstalt, blos hingewiesen auf die nicht sehr bedeutende Bevökerung der hiesigen Stadt und der nahen Umgegend, hat nur einen dieser Bevölkerung entsprechenden Umfang gewinnen können, sie hat darum aber nicht minder den schönen Zweck ihrer Gründung erreicht, indem sie den Wucher verdrängt, und dem augenblicklich in Noth versetzten Einwohnern sichere Gelegenheit bietet, sich zu mäßigen Zinsen die erforderliche Geld-

[Nächste Seite] hülfe zu verschaffen die Schattenseite der Leihhäuser, nämlich daß gerade diese bequem dargebotene Gelegenheit zum Nachtheile der untern Classen zur Benutzung derselben auffordern und also mittelbar die Immoralität begünstige, ist wenigstens hier nicht bemerkbar geworden und es findet dieser Vorwurf eben in dem unerheblichen Umfange der hiesigen Anstalt seine beste Widerlegung.

Für sich allein bestehend würde daher die diesseitige Leih-Anstalt unter diesen Verhältnissen eine selbstständige Existenz nimmer behaupten können. Ein solches Schicksal der Justitute wurde vom Augenblicke der Gründung an mit Sicherheit vorhergesehen, und gerade darum genug man zu dem /:Zwecke:/ Mittel über, schon anfänglich eine Sparkasse damit in Verbindung zu bringen, in der gleichen Voraussicht, daß diese bei dem weit geringeren Aufwande an Verwaltungs-Kosten einen verhältnißmäßig größeren Gewinn abwerfen, und sohin die unvermeidliche Einbuße des Leihhauses decken werde.

In dieser gegenseitigen Wechselwirkung haben beide Justitute seit der Zeit ihres Bestehens die guten Früchte getragen, welche Stadt und Publikum überhaupt dann zu erwarten berechtigt waren.

Ein lohnender, die Aufrechthaltung beider Anstalten sichernden Gewinn ließ sich aber nur dadurch bei der Sparkasse erreichen, daß die Administration derseben nach §10 der genehmigten Statuten, welche wie zu hochgeneigten Einsicht anzuschließen das erlauben, die ihr in Folge des allgemeinen Zutrauens reichlich zufließenden Summen zu einem höhern Zinsfuße an angesessene Preisgabe, und an solide und rechtliche Handelshäuser wieder ausleihe, welche weniger auf Spekulationsgeist, als in gemeinnütziger Absicht zu deren Annahmen sich entschlossen.

Da solchartige Behandlung des Geschäftes hat bisheran die glücklichsten Resultate herbeigeführt, ohne daß irgend ein Unfall, oder gar nun irgend ein /:Unfall:/ augenblikliche Stockung bei Wieder-Einfordern der Capitalien eingetreten wäre. Eine umsichtige Fortsetzung dieser Behand-

[Nächste Seite] lung würde, wir sind dessen vollkommen überzeugt, auch für die Folge eine gleich gesegnete, verlustfreie Wirksamkeit der Anstalt erwarten lassen.

Es hat aber die Königliche Regierung zu Düsseldorf ohne Zweifel durch mißliche Erfahrungen und betrübende Ereignisse an andern Orten zur Vorsicht aufgefordert, seit einiger Zeit die Bestimmung betroffen, daß Bestände aus der Sparkasse an Handelshäuser nur dann ausgeliehen werden sollen, wenn dafür entweder durch Deponirung von Staatsschuldscheinen, oder anderen zu[pillarische Gewähr verleihenden Obligationen und Documente vollkommener Sicherheit geleistet werde. Es sollen sogar die in der frühern Art untergebrachten Gelder der Sparkasse eingezogen und nur jener Vorschift gemäß ausgeliehen werden. Die bisherigen Remonstrationen gegen diese Bestimmung haben eine Änderung der Modification derselben nicht zu Wege bringen können.

Nach unserer tiefsten Überzeugung wird jedoch eine strenge Durchführung dieser Bestimmung mit der allmählichen gänzlichen Auflösung der Sparkasse endigen. Sie kömmt beinahe einem förmlichen Verbote der Sparkassen gleich, wie die Erfahrung gelehrt hat, daß unter solchen Schwierigkeiten sich höchst selten Anleihen finden, und es augenfällig ist, daß Geld suchende Personen, welche Obligationen und Staatsschuldscheine zu ihrer Disposition haben, sich desselben auf andern Wege zu verschaffen wissen, und nicht leicht zu öffentlichen Anstalten ihre Zuflucht nehmen.

Es soll freilich die Sparkasse kein finanzielles Spekulations-Geschäft im eigentlichen Sinne des Wortes werden, noch soll sie ihre Operationen ins Unendliche vervielfältigen, und dadurch eher der Gefahr eines möglichen Verlustes ausgesetzt sein. Wir sind daher

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auch allerdings der Meinung, daß diesen Operationen eine bestimmte Grenze gesetzt werden müßte, und daß namentlich für die hiesige Anstalt das Umschlag-Capital etwa auf 15000 bis 18000 Thaler festzustellen wäre, über welches in keinem Falle hinausgegangen werden dürfte.

Innerhalb dieser Zwänge müßte aber der Sparkasse wenn derselben Bestand und gedeiliches Fortschreiten gesichert bleiben sollen, verstattet sein, die ihr anvertrauten Beträge wie bisher an solide Privattleute oder Handelsleute unterzubringen, ohne daß es dazu der Niederlegung von Staatsschuldscheinen an den Obligationen bedürfte.

Um auf die für uns höchst erwünschliche Sicherheit der Stadt mit einer behutsamen und regelmäßigen, aber doch nicht allzu strengen und dazu abschreckenden Geschäftsführung in Einklang zu bringen, dürfte es unseres gehorsamsten Dafürhaltens angemessen und hinreichend sein, wenn die Namen derjenigen Häuser, mit welchen die Sparkasse in der erwähnten Weise in Verbindung treten will, immer unabhängig von der Sparkassen-Administration vom Stadtrathe gewählten Comitte von etwa 3 Mitgliedern aus unserer Mitte vorgelegt, und falls dieses Comitte jene Häuser für unbezweifelt solid anerkennt, die auf eine bestimmte summe festzustellenden Ausleihen gegen blose Schuldscheine und unter Verbürgung eines Dritten gestattet würden.

In größeren Orten mag auch ein Verfahren diser Art noch gefährlich erscheinen, hier aber, wo die Verhältnisse eines Jeden, mit dem solche Operationen bezweckt werden, klar vor Augen liegen, würde dasselbe auch nicht entfernt einige Wagnisse darbieten, zumal die Sparkasse nur mit wenigen Personen und nur mit solchen in Verbindung treten wird, deren feste Existenz zugleich durch das Dasein eines nahmhaften Grund-Vermögens über jeden Zweifel hinausgestellt ist.

Bei allem Interesse, welches wir in unserer Stellung an der Sicherheit der Stadt nehmen, die auch wir einer

[Nächste Seite] Gefährdung gewiß nicht gerne aussetzen möchten, fühlen wir uns danach dringend angesprochen, Ein Königlich Hohes Ministerium ehrerbietigst zu bitten, der oben eingeschlagenen Geschäfts-Behandlung die Genehmigung hochgeneigtens zu ertheilen.

Es ist dies, wir können es mit tiefer unerschüttlicher Überzeugung aussprechen, das einzige Mittel, die Sparkasse vor baldigen gänzlichen Auflösung zu bewahren, welche in Ansehung, daß von ihm vielfach gestifteten Guten noch umso bedauerlicher wäre, als sie auch gleichzeitig unter den für obwaltenden Verhältnissen die Auflösung des Leihhauses nach sich ziehen würde, diese Anstalt sich aber in ihrer gesegneten Wirksamkeit bei dem hiesigen Publikum einer solchen Aufnahme erfreut, daß ihr Verschwinden als ein wahres Unglück für die ärmeren Einwohner angesehen werden müßte.

Wir vertrauen indessen hierunter gänzlich der weisen Entscheidung Eines Königlich Hohen Ministerii, welches von dieser Extremität uns zu schützen geruhen wird.

Neuss, den 24. Januar 1837