Band 58: Eintrag vom  9. Juli 1877 (Nr. 1150)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
Ortsstatut.

Der von der Bau- und Eigenthums-Commission auf Grund der §.§ 12 und 15 des Gesetzes vom 2. Juli 1875 betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften abgefaßte Entwurf eines Ortsstatuts für Bauten wird vorgelegt und nach eingehender Berathung wie folgt, genehmigt:

Ortsstatut

betreffend des Verbot der Errichtung von Wohn-Gebäuden an Straßen oder Straßentheilen, welche noch nicht für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig gestellt sind: ____________________

Auf Grund der §.§.12 und 15 des Gesetzes vom 2. Juli 1875 betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften ist folgendes Ortsstatut erlassen worden.

§.1.

Im Bezirke der Stadtgemeinde Neuss dürfen in Zukunft an Straßen oder Straßentheilen, welche noch nicht für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig hergestellt sind, Wohngebäude, welche nach diesen Straßen einen Ausgang haben, nicht errichtet werden. Die städtische Verwaltung ist jedoch befugt, falls der projectirte Bau das städtische Interesse nicht gefährdet, den Bau unter der Bedingung zu gestatten, daß der Bauunternehmer

a. das vor dem zu bebauenden Grundstück liegende Straßenterrain längs der ganzen die Straße

[Nächste Seite] berührenden Grenzen seines Grundeigenthums bis zur Mitte der Straßenbreite, jedoch höchstens auf eine Breite von 13 Metern freilegt und einschließlich des Bürgersteigs vorschriftsmäßig nach den Bestimmungen des hiesigen Ortsstatuts vom 3. Maerz 1877, betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen, herstellt, befestigt und entwässert;

b. sich verpflichtet, auch den Besitz des über die Straßenmitte respective über die Breite von 13 Metern hinausfallenden Theiles seines Grundstücks, soweit dasselbe in die Straße fällt, auf Verlangen der Stadtgemeinde sofort an dieselbe abzutreten, vorbehaltlich der nachträglich in Gemäßheit des Gesetzes vom 2. Juli 1875 zu ermittelnden von der Stadtgemeinde zu zahlenden Entschädigung;

c. das betreffende Wohngebäude mit einer bereits bestehenden fertig hergestellten oder wenigstens freigelegten Straße in einer in jedem einzelnen Falle von der städtischen Verwaltung vorzuschreibenden Weise in Verbindung bringt und diese Verbindung gehörig befestigt und entwässert und

d. für die Erfüllung der unter a bis c. bezeichneten Verpflichtungen sowie für die Zahlung des bei demnächstiger Fertigstellung der an das Grundstück angrenzenden Straße oder Straßen gemäß den §.§. 2 und 3 des allegirten Ortsstatuts vom 3. Maerz 1877 für sein Grundstück sich ergebenden Kostenbeitrags genügende Sicherheit stellt. Ob diese Sicherheit als genügend anzusehen ist, hat die Stadtverordneten-Versammlung durch besonderen Beschluß in jedem falle zu bestimmen. Ausnahmen von diesen Bedingungen bedürfen in jedem einzelnen Falle der Genehmigung der Stadtverordneten-Versammlung. Insbesondere soll mit Genehmigung der Stadtverordneten- Versammlung von der Befolgung der oben erwähnten Bestimmungen ganz oder theilweise entbunden werden können, wenn es sich handelt:

a. um vereinzelte Bauten in ländlicher, für eine städtische Bebauung voraussichtlich nicht bestimmten Gegend;

[Nächste Seite]

b. um Bauten in solcher Gegend, wo einerseits die Ableitung des Grundwassers in der vorgeschriebenen Weise wegen der großen Entfernung der vorhandenen Entwässerungsanlagen mit ganz besonderen Schwierigkeiten verbunden sein würde, andererseits der Wasserabfluß auf anderem, für die Gesundheit nicht nachtheiliger Wege bewirkt werden kann.

Die dem Unternehmer erwachsenen Kosten für die unter a. bezeichneten Anlagen vor dem Grundstück werden bei der demnächstigen Fertigstellung der Straße nach Maßgabe der §.§. 2. und 3. des Ortsstatuts vom 3. Maerz 1877 mitberechnet und dem Unternehmer auf seinen Kostenbeitrag in Anrechnung gebracht; die Kosten der unter c. bezeichneten Herstellung der Verbindung mit der nächsten Straße jedoch nur so weit, als diese Anlagen bei Fertigstellung der betreffenden Straße haben benutzt werden können.

§. 2.

Die Stadtgemeinde ist befugt, die in dem vorigen §. sub a. und c. bezeichneten Arbeiten selbst für Rechnung des Unternehmers ausführen zu lassen, in welchem Falle für die Befestigung ein alljährlich durch Gemeindebeschluß für das laufende Kalenderjahr in Bezug jede Art der Befestigung pro Quadratmeter festzusetzender Durchschnittspreis, welcher die wirklichen Selbstkosten nicht übersteigen darf, zur Berechnung kommt. Für die Sicherstellung und Zahlung der hierdurch entstehenden Kosten hat der Unternehmer genügende Sicherheit zu stellen. Ob diese Sicherheit als genügend anzusehen ist, hat die Stadtverordneten-Versammlung durch besonderen Beschluß in jedem falle zu bestimmen.

§. 3.

Als für den oeffentlichen Verkehr und den Anbau fertig hergestellt gelten nur solche Straßen oder Straßentheile, welche in ihrer vollen dem städtischen Bebauungsplan entsprechenden Breite freigelegt, vorschriftsmäßig nach den Bestimmungen des Ortsstatuts vom 3. Maerz 1877 mit Bürgersteigen versehen und entwässert sind.

[Nächste Seite] §.4.

Als in dem städtischen Bebauungsplan aufgenommen gelten alle Straßen, für welche in dem gegenwärtig bestehenden Stadtbauplan eine Baufluchtlinie festgesetzt ist, sowie diejenigen, für welche in Abänderung oder Erweiterung dieses Bauplans in Zukunft nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen eine Baufluchtlinie festgesetzt werden wird.