Band 58: Eintrag vom  28. Juli 1875 (Nr. 475 )

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
1. Höhere Töchterschule.

Die auf Grund des Beschlusses vom 19. dieses Monats. modificirte Eingabe an die königliche Regierung zu Düsseldorf wird vorgelegt und beschlossen, dieselbe nunmehr in der jetzigen Fassung abgehen zu lassen. Dieselbe lautet wie folgt:

" An die Königliche Regierung. Abteilung der Innere zu Düsseldorf.

" Unter Bezugnahme auf das hohe Rescript des königlichen Ministeriums vom 14. Mai dieses Jahres. N° 3864 U.III., gemäß welchem Königliche Regierung den Zeitpunkt der Schließung der beiden Elementar- respective Vorbereitungklassen im hiesigen Waisenhause zu bestimmen hat, erlauben wir uns die vertrauensvolle Bitte auszusprechen, daß diese in organischer Verbindung mit den höheren Klassen stehenden Vorklassen einstweilen in diesem Zusammenhange belassen bleiben mögen.

" Der Herr Cultus-Minister beabsichtigt offenbar die vorläufige Erhaltung der bestehenden Töchterschule mit ihrer Oberklasse für LehramtCandidatinnen; sein Rescript zielt daher auch nur auf Beseitigung des vermeintlich concessionswidrig Angefügten. Es hat aber dem Herrn Cultusminister nicht vorgelegen, daß die Vorsteherin des Weisenhauses zur Haltung einer Elementar-Mädchenschule sowohl wie einer Töchterschule Concession der Königlichen Regierung vom 14. Februar 1870 I. V. N° 1048 besitzt.

In Folge des gedachten hohen Rescript sind wir nun mit dem Inhaber des fraglichen Schulsystems, dem Waisenhausvereine, in Verbindung getreten und haben vom Vorstande desselben anliegendes Antwortschreiben erhalten, welches in dem Satze gipfelt:

" Die Aufhebung der beiden Vorbereitungsklassen an der Töchter- " schule im Waisenhause würde demnach nicht nur letztere selbst " verstümmeln und die Organisation der Anstalt stören, " sondern auch die Rentabilität derselben gänzlich in Frage " stellen und somit die Schließung der ganzen Schule nach sich ziehen."

Das unterzeichnete Collegium kann sich auf der anderen Seite nun auch der Ueberzeugung nicht verschließen, daß die beiden lose und ohne Zusammenhang hingestellten Ersatzklassen keineswegs eine befriedigende Einrichtung genannt werden dürfen; insbesondere aber müssen wir lebhaft bedauern, daß diese Klassen die nothwendige Erweiterung unserer gewöhnlichen Volksschulsysteme zeitweilig unmöglich machen würden, indem die einzigen disponibeln Räume für zu

[Nächste Seite] errichtende Knabenklassen reservirt bleiben sollten. Eine dieser Knabenklassen wäre schon im Herbste vorigen Jahres in's Leben gerufen worden, allein weder ein Lehrer noch eine Lehrerin hatten sich gemeldet. Es bleibt deshalb Aufgabe unserer Localschulinspection, vor allen Dingen für den Unterricht, solcher Kinder zu sorgen, die aus Mangel an Klassen bisher die Schule gar nicht besuchen konnten; man muß es als eine Forderung gerechter Rücksicht gegen die wenigen Wohlhabenden Bewohner bezeichnen, die vorhandenen Mittel und Kräfte vor Allem auf Erziehung derjenigen Kinder zu verwenden, die ohnehin mehr Gefahr laufen zu verwahrlosen.

Angesichts dieser Umstände und angesichts der weiteren Fatalität, daß die Stadt in den nächsten Jahren wenigstens noch 8 Lehrkräfte (darunter 6 Ordenschwestern) ersetzen muß, fühlen wir uns gedrungen, die Bitte auszusprechen, Königliche Regierung möge den Zeitpunkt der Schließung der Klassen im Waisenhause so lange hinausschieben, als das in Kraft getretene Klostergesetz zuläßt, wenigstens aber uns bis zum Herbste 1878 Ausstand bewilligen, weil diese Frist erforderlich ist, um für Ersatz der ganzen Schule sorgen zu können. Insbesondere ist für diese Anstalt ein vollständig neues Gebäude zu errichten, zu welchem einen Baustelle in angemessener Lage noch erst zu erwerben sein wird.

Indem die Stadtverordneten-Versammlung sich bereit erklärt, sofort in die Detailberathung zur Errichtung einer entsprechenden Anstalt für die weibliche Jugend unter weltlicher Leitung einzutreten, sehen wir einer geneigten Entscheidung vertrauensvoll entgegen. "

Gleichzeitig gibt der Vorsitzende Kenntniß von einer Verfügung des Königlichen Landraths- Amtes. wonach angeordnet ist, daß die Gemeindevertretung beschließen soll, für die aus der Töchterschule in die Elementarschulen überzuführenden Kinder 2 neue Elementarklassen zu bilden und zu dem Zwecke 2 Lehrerinnen mit zu einem Gehalte von 375 respective 320 rtl. und je 40 Thaler Miethsentschädigung anzustellen. Der Vorsitzende stellt den Antrag in dem vorgedachten Sinn zu beschließen, was jedoch von der Versammlung mit Rücksicht auf die einzureichende Petition abgelehnt wird.