Band 52: Eintrag vom  24. Oktober 1859 (Nr. 505 )

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
3. Beibehaltung der Schwarz- und Weißbrottaxe.

Der Stadtverordneten-Versammlung wird eine Verfügung des Königlichen Ministeriums für Handel-, Gewerk und öffentliche Arbeiten vom 9. September courant vorgelegt, wornach die allgemeine Aufhebung der Brodtaxe angestrebt wird, indem darin von der Ansicht ausgegangen ist, daß sich, nachdem der Bäckereibetrieb und der Handel mit Backwaren von den früheren Beschränkungen befreit worden, grundsätzlich auch die Freigebung des Brodverkaufs nach beliebigen Preisen empfehle, um die Versorgung der Consumenten mit guten und billigen Brode zu erleichtern.

Die Versammlung erlaubt sich hierauf zu bemerken, daß die vor mehreren Jahren geschehene Aufhebung der Weißbrodtaxe an hiesigen Orte zur Genüge den Beweis geliefert habe, wie sehr das Publikum durch eine derartige Taxbeseitigung benachtheiligt wird. Obgleich der Verkauf des Weißbrodes von der Behörde möglichst überwacht wird, so vermag die Concurrenz doch nicht soviel darauf einzuwirken, daß das jetzige Gewicht des Weißbrodes auch nur annähernd das durch die frühern polizeiliche Taxe festgestellte Gewicht erreiche.

Nach diesen factisch vorliegenden Wahrnehmungen ist nichts gewisser, als das bei der etwaigen Aufhebung der Schwarzbrodtaxe eine ähnliche Benachtheiligung des Publikums eintreten würde. Der Verkauf des Schwarzbrodes ist aber so wichtig und so tief eingreifend in die innersten Verhältnisse der Bevölkerung, daß es sich nicht rechtfertigen dürfte, eine hierüber bestehende Einrichtung, welche sich seit Jahrhunderten als zweckmäßig und ersprießlich bewährt hat, eines blosen Prinzips wegen aufzuheben. Die Schwarzbrodtaxe sichert dem Bäcker einen angemessenen Gewinn, während sie im Interesse des Publikums einen mit dem Preise des Getreides und der Bemühung respective den Auslagen des Bäckers in richtigem Verhältnisse stehenden Brodpreis feststellt. Dieser durch die polizeiliche Taxe vollkommen erreichte Zweck würde nach den bei Aufhebung der Weißbrodtaxe gemachten Erfahrungen bei Beseitigung der Schwarzbrodtaxe gänzlich verloren gehen, und die unausbleibliche Folge der Tax-Aufhebung beim Schwarzbrode wäre eine große, fühlbare Benachtheiligung des Publikums und insbesondere der Mittelbürgerklasse und der ärmeren Klasse, welche letztern grade am härtesten dadurch betroffen werden würde.

[Nächste Seite] Aus diesen Gründen bittet die Stadtverordneten-Versammlung einstimmig die höhere Behörde, nicht nur die fernerweite Beibehaltung der hiesigen Schwarzbrodtaxe sondern auf die Wiedereinführung der Weißbrodtaxe hochgeneigtest gestatten zu wollen.