Band 50: Eintrag vom  14. November 1853 (Nr. 46)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 

Der vorsitzende Bürgermeister legte dem Gemeinderath eine Regierungs-Verfügung vom 22. October courant I S. III G 10207 vor, wornach dem gestellten Antrage, daß der Fruchtmarkt nach dem südöstlichen Theile der Friedrichsstraße verlegt werde, nicht statt gegeben werden könne, weil letztere sich wegen ihrer Lage außerhalb des Stadtberinges nicht zum Fruchtmarktplatze eigne und weil, abgesehen hiervon, durch ihre Benutzung zur Abhaltung des Marktes die Unterhaltungskosten dieser Staatsstraße vermehrt werden würden. Es sei anscheinend kein Grund vorhanden, die genehmigte Fruchtmarktordnung vom 10. Dezember 1829 einer Änderung zu unterwerfen, und da Inhalts derselben der Fruchtmarkt auf den auf das Hessenthor zu belegenen Platze abgehalten werden soll, so sei dieser Anordnung nachzukommen, und durch strenge Einhaltung der erlassenen Vorschriften dafür zu sorgen, daß die hier bestehende Verkäuferei beseitigt werde. Für den Fall, daß der Frucht- und der Gemüsemarkt nicht auf demselben Platze nebeneinander abgehalten werden könnten, sei Vorsorge zu treffen, daß der Gemüsemarkt nach einem andern freien Platz verlegt werde.

Nach geschehener Erörterung äußerte Gemeinderath, wie auch er lebhaft wünsche, daß etwaige Unregelmäßigkeiten bei den hiesigen Fruchtgeschäften durch geeignete Vorkehrungen beseitigt werden, wie jedoch nach seiner Überzeugung die Aufrechthaltung der Fruchtmarktordnung vom 10. Dezember 1829 hierzu nicht beitragen könne, vielmehr eher Übelstände hervorrufe, weil darnach nur zweimal in der Woche Fruchtmarkt Statt finden soll, während

[Nächste Seite] während an den übrigen Tagen die Bestimmungen der Marktordnung nicht zur Anwendung kommen, und die Landleute, um nicht durch polizeiliche Maßregeln genirt zu sein, nach den gemachten Erfahrungen grade an denjenigen Tagen ihre Frucht hierher bringen würden, wo keine bestimmte Markttage festgestellt sind. Auch ist in der beregten Fruchtmarktordnung von einem Lager für Frucht die Rede, wozu indessen bei der Art und Weise des hiesigen Fruchtverkehrs ein Bedürfniß nicht vorhanden ist, wie sich dies auch zur Zeit herausgestellt hat, abgesehen davon, daß die Stadt ein geeignetes Lokal nicht mehr disponibel hat.

Um bei den hiesigen Fruchtgeschäften die nöthige Ordnung herbeizuführen, ist Gemeinderath daher der Ansicht, daß am zweckmäßigsten eine neue Fruchtmarktordnung zu erlassen wäre, in welcher alle Wochentage, mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage, als Markttage bezeichnet, und außerdem angemessene Bestimmungen hinsichtlich der Makler und Commissionaire und der Messer und Wieger vorgesehen sind, damit auf diese Weise vor allen Dingen das Entgegengehen der Makler und Commissionaire, um vor dem Thore respective der Stadt die Fruchtgeschäfte abzumachen, sowie etwaige Klage wegen des Messens oder Wiegens gänzlich vermieden werde. Mit dem Erlaß einer dem Zweck entsprechenden neuen Fruchtmarktordnung ist Gemeinderath bereit, für die Handhabung derselben, eine geeignete Persönlichkeit als Marktmeister zu bestellen, welcher letztere dann gleichzeitig dem Bürgermeister-Amte die auf dem Markte bezahlten durchschnittlichen Fruchtpreise angebe.

Was den Ort des Früchtemarktes anbelangt, so kann jedoch Gemeinderath den auf das Hessenthor zu gelegenen Marktplatz aus dem Grunde nicht für geeignet halten, weil dieser Platz bereits als Gemüse- und Victualien-Markt benutzt wird, der Raum die gleichzeitige Abhaltung des Frucht- und Gemüsemarktes auf demselben nicht gestattet, die Verlegung des letzteren

[Nächste Seite] letzteren Marktes auf einer der noch vorhandenen um die Pfarrkirche gelegene öffentlichen Plätze aber wegen der dadurch eintretenden Störung des Gottesdienstes nicht angeht, und weil es überdies sehr wünschenswerth ist, daß der Fruchtmarkt in möglichster Nähe des früherenZollthores gehalten werde, da mindestens über drei Viertel der hier zu Markt kommenden Frucht, an genanntem Thore eingeführt wird, und der Landmann auch höchst ungern mit seiner Frucht zu deren Verkauf mehrere Straßen durchzieht. Ferner bleibt zu berücksichtigen, daß die Verlegung des Gemüsemarktes für die verschiedenen, um diesen Markt wohnenden kleinen Detailhändler, deren Verkauf zum großen Theile auf die zu Markt kommenden Leute angewiesen ist, nothwendig große Benachtheiligung hervorbringen würde.

[≠Einschub, nach Zeile 3-11] erlaubt sich Gemeinderath zu erwiedern, daß die Friedrichsstraße sich eng an die Zollstraße anschließt, und zur Stadt gehört, so daß, [Forts. Zeile 3-12]

Gemeinderath glaubt daher eben so sehr dem allgemeinen Wunsche der Bürgerschaft als den Interessen des Verkehrs zu entsprechen, wenn er zur Abhaltung des Fruchtmarktes die auch von der Kaufmannschaft dafür gewünschte, in jeder Beziehung geeignete, ungewöhnlich breite Friedrichsstraße wiederholt in Vorschlag bringt. Auf die Bemerkung Königlicher Regierung, daß diese Straße wegen ihrer Lage außerhalb des Stadtberinges nicht zum Fruchtmarktplatze geeignet sei ≠[Einschub ] [≠Einschub-Ende] wenn von dieser Seite die Stadt wieder mit einem Thore geschlossen werden würde, dieser nicht zwischen der Zoll- und Friedrichsstraße sondern am Nordcanal als der jetzigen natürlichen Grenze dieses Stadttheiles angebracht werden müßte, wornach also die Abhaltung des Fruchtmarktes auf der Friedrichsstraße keineswegs gegen die Bestimmung des § 80 der Gewerbeordnung, welchergemäß Gegenstände des Marktverkehrs nicht vor oder in den Thoren gekauft werden dürfen, verstoßen würde. Der fernere Einwand wegen der größern Unterhaltungs-

[Nächste Seite] tungskosten der Straße möchte von der verehrten höhern Behörde wohl nicht aufrecht erhalten werden, wenn in geneigte Erwägung gezogen wird, daß derselbe Umstand vorhanden wäre, wenn der Fruchtmarkt auf dem jetzigen Gemüsemarkt abgehalten würde, indem über letzteren ebenfalls eine Staatsstraße führt. Die Zweckmäßigkeit der Einrichtung des Fruchtmarktes in möglichster Nähe desjenigen Stadteinganges, wo die meiste Frucht eingeführt wird, dürfte endlich noch daraus hervorgehen, daß man schon vor undenklicher Zeit die Märkte wie z.B. den hiesigen Viehmarkt in der Nähe derjenigen Thore angelegt hat, in die Gegenstände des Marktes eingebracht werden.

Wenn sonach die verehrte Staatsbehörde sich damit einverstanden erklären möchte, daß der südöstliche Theil der Friedrichsstraße nämlich jener von dem Reistorf'schen Hause bis an die Zollstraße zur Abhaltung der Fruchgeschäfte designirt werde, so glaubt Gemeinderath davon überzeugt zu sein, daß der Fruchtmarkt unter Beseitigung von etwa eingeschlichenen Übelständen in erwünschter Ordnung abgehalten werden würde. Da auch der Königliche Bau-Inspektor Herr Weise sich gutachtlich dahin geäußert, daß bei der ungewöhnlich großen Breite der Friedrichsstraße, Seitens der Straßenbauverwaltung die Aufstellung der Fruchtfuhren auf derselben ohne Beeinträchtigung der Passage statthaft sei, da es ferner der Königlichen Regierung nur darum zu thun sein kann, daß der hiesige Fruchmarkt mit der nöthigen Ordnung abgehalten werde, was indessen nicht minder von der Gemeindeverwaltung erstrebt wird, und endlich durch die Verlegung des Fruchtmarktes nach dem jetzigen Gemüsemarkt der hiesige Fruchtverkehr nicht allein nicht gefördert, sondern eher benachtheiligt respective seiner Auflösung entgegengeführt werden könnte, so wird zuversichtlich vertraut, daß Königl. Regierung die Benutzung des südöstlichen Theiles der Friedrichsstraße zur Abschließung der Fruchtgeschäfte wohlwollend genehmigen werde.

Gemeinderath ersuchte den vorsitzenden Bürgermeister, unter Zuziehung von Sachverständigen, eine neue, zweckmäßige Fruchtmarktordnung zu ent-

[Nächste Seite] entwerfen, und solche nebst dem gegenwärtigen Beschlusse der Königlichen Regierung vorzulegen actum ut supra