Band 56: Eintrag vom  23. Juni 1873 (Nr. 850 )

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
1. Aufnahme der in voriger Sitzung abgegebenen persönlichen Bemerkung in's Protocoll und Publication derselben.

Der Vorsitzende verliest einen Antrag des Stadtverordneten Dr. Sels, worin der- selbe um Aufnahme seiner am Schlusse voriger Stadtverordnetenversammlung abgegebenen persönlichen Bemerkung, welche er ebenfalls schriftlich beigefügt hat, in's Protokoll und um Veröffentlichung derselben ersucht. Die Versammlung genehmigt diesen Antrag.

Die Bemerkung lautet wörtlich wie folgt:

"Wie Ihnen, meine Herren, bekannt sein wird, ist über unsere letzte Stadt- rathsverhandlung außer dem officiellen Bericht der Neusser Zeitung in dem hiesigen Sonntagsblättchen ein Bericht erschienen, über den ich mir erlaube meine persönliche Bemerkung zu machen. So sehr ich mich da- rüber freue, wenn die Bürgerschaft über unsere Verhandlungen möglichst viel und ausführlich aufgeklärt wird, so muß ich dennoch dagegen protestiren, daß dies in einer Weise geschieht, wodurch die Bürger- schaft durch Entstellung der Thatsachen gegen die Mitglieder des Stadtraths aufgehetzt wird. - Auf die Ratschläge der Redaction des Wochen- blattes gehe ich nicht näher ein, da es nicht Jedermanns Sache ist, den Inhalt durch die Berichte des Herrn Bischofs von Ketteler anzusehen. Da bei der betreffenden Verhandlung kein Publicum zugegen gewesen, so muß ich annehmen, daß ein Mitglied des Collegiums den Bericht über dieselben geliefert hat und möchte den Herrn bitten, seine späteren Be- richte so einzurichten, wie die Verhandlungen wirklich gepflogen worden sind. - Ich habe mir das Wort zu einer persönlichen Bemerkung erbeten, weil ich im vorigen Jahre die Verhandlung, über welche der Berichter- statter des Sonntagsblattes seine Bemerkungen macht, in Abwesenheit des nach Berlin verreisten Herrn Bürgermeisters, als damaliger erster Beigeordneter geleitet habe und überhaupt am meisten dabei betheiligt gewesen bin; in der damaligen Sitzung hat es sich durchaus nicht um den Fabrikarbeiterinnen-Verein im Allgemeinen gehandelt, sondern um mehrere Eingaben des Herrn LehrerKrahforst an die Schulcommission um Befreiung von dem Lärm, der ihn in seiner Wohnung durch die Fabrikmädchen an Sonntagen bereitet würde, sowie um die principielle Frage, ob dem damaligen Schulinspector Herrn Kaplan Pollerberg die, von demselben beanspruchten, Disposition über die städtischen Schullocalitäten zustände, wozu derselbe durchaus kein Recht gehabt. Stadtrath beschloß damals, die Benutzung der Schulräume durch den Fabrikarbeiterinnen-Verein, dem Berichte der Schulcommission gemäß, zu inhibiren; gegen den Verein selbst jedoch, sowie gegen die andern hiesigen wohlthätigen Vereine

[Nächste Seite] ist in keiner Weise eine Animosität kundgegeben worden. - Schließlich muß ich daher den Referenten des Sonntagsblättchens nochmals bitten, seine ferneren Berichte der Wahrheit gemäß einzurichten.