Der Stadtverordneten-Versammlung wird eine Verhandlung der Armenverwaltung vorgelegt, wornach dieselbe auf den von ersterer Versammlung gefaßten Beschluß, in welchen die Armengebühr für jeden Ball des hiesigen Ball-Verein ein für allmal auf fünf Thlr festgestellt worden, eine solche aber dem städtischen Männergesang-Vereine mit Rücksicht auf die Tendenz dieses Vereins-Beförderung der Kunstbildung und Gesittung, für die nun demselben zu veranstaltenden Conzerte und etwa damit vorhandene Bälle nicht aufzuerlegen sei, sich zu der einstimmigen Erklärung veranlaßt gesehen hat, daß die Armengebühr von den Bällen des Ball-Vereins, wenn sie auf vorläufig auf 5 Thlr festgestellt bleiben möge, sich jederzeit nach dem gesetzlich für die Armen bestimmten Antheile an der Einnahme von jenen Bällen richten müsse, daß sie aber dem städtischen Männergesang-Verein aus der erwähnten Rücksicht nicht erlassen werden könne, weil das Gesetz eine solche Ausnahme, soweit bekannt, nirgend gestatte, weshalb die Armen-Verwaltung in Wahrung ihrer Interessen, darauf bestehen müsse, daß auch letztgedachter Verein die ihm gesetzlich obliegende Armengebühr entrichte.
Es wurde hiergegen in der heutigen Sitzung geltend gemacht, daß die Erklärung der Armenverwaltung in formeller Besetzung unbegründet erscheine, weil diese Verwaltung als eine auf Grund der früheren Gemeindeordnung von 1850 gebildete stadträthliche Deputation anzusehen sei, welche die Beschlußnahme der Stadtverordneten nur auszuführen habe, und ferner in materieller Beziehung, weil die beschlossene
[Nächste Seite] Befreiung des Männergesang-Vereins von der Armengebühr um deswillen billig sei, da dieser Verein, welcher hauptsächlich die Beförderung der Kunst bezwecke, fast jedes Jahr ein Conzert zu wohltätigen Zwecken veranstalte, was entweder direct oder indirect der Armenkasse wieder zu gute komme.Hiermit wurde von der andere Seite bemerklich gemacht, daß der Männergesang-Verein mit mehreren Conzerten vollständige Bälle verbunden habe, wodurch die Beförderung der Kunst allein nicht mehr Zweck sei, und für eine derartige Lustbarkeit könne der Verein - nicht wohl von der Armengebühr-Zahlung befreit werden, während andere, Handwerker- und sonstige kleinere Verein für Tanzvergnügen Gebühren zahlen sollen.
Nachdem noch entgegnet worden, daß die mit den Conzerten zugleich arrangirten Bälle nur ein Mittel zum Zweck seien und der städtische Männergesang-Verein nach wie vor lediglich die Förderung des Gesangs mit der Musik verfolge, und nachdem ferner der Versammlung die Inschutznehmung dieses Vereins noch dringend anempfohlen worden, wurde der am weitesten gehende Antrag: über die Erklärung der Armen-Verwaltung zur Tagesordnung überzugehen, zur Abstimmung gebracht, welcher mit Majorität angenommen wurde. Ebenso wurde beschlossen, den früheren Beschluß, wornach für jeden Ball des Ballvereins bis auf Weiteres fünf Thlr. Armengebühr entrichtet werden sollen, um so mehr aufrecht zu halten, als der genannte Verein ohnehin wenig umfangreich sei.
actum ut supra