Band 52: Eintrag vom  11. Januar 1858 (Nr. 172)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 
3. Bericht über die Verpflichtung der Stadt zur Übernahme von Lichterkosten.

Diestadträthliche Commission für Finanzwesen berichtete hinsichtlich der Frage, ob die Stadt zur Zahlung von Lichterkosten im Erft-Kanale verpflichtet sei oder nicht, auf Grund der zur Einsicht genommenen Actenstücke wie folgt: Nach dem der Erftschiffbarmachung zum Grunde gelegenen Plane und den Vertragsbestimmungen mit den betr. Unternehmen sollte das alte Rheinbett, worin sich ein Erftstrom bei der Stadt ergießt, von der Brücke am Hessenthore bis in den Rhein oberhalb Heerdt schiffbar gemacht werden, und zwar so, daß die größten beladenen Rheinschiffe selbst bei sehr niedrigen Wasserständen ungestört nach Neuß und wieder zurückfahren können. Die Sohle des Kanals sollte bis zur Tiefe von zwei Fuß unter Nummer Null des Pegels zu Düsseldorf vom Hessenthore bis in den Rhein bei Heerdt horinzontal ausgehoben werden, in der Weise, daß, wenn z. B. der Pegel zu Düsseldorf Nummer vier zeigt, über die ganze Sohlenbreite des Kanals eine Wassertiefe von sechs Fuß vorhanden ist, wenn alle Mühlen vierundzwanzig Stunden gesperrt gewesen sind. Die Differenzen des Kanals sollten beiderseitig zweifüßig werden, so daß jeder Fuß der Uferhöhe zwei Fuß zur Ausladung erhalte. Der Verding der Erft-Arbeiten hatte am 5. October 1835 Statt, es wurde am 3. November 1835 ein notarielles Ver-

[Nächste Seite] Vertrag darüber aufgenommen. und es sollte auch §. 10 der Bedingungen die Schiffbarmachung in 180 Arbeitstagen bewirkt sein. Der Stadt wurde für den Erftbau eine Staatsprämie von 5000 Thlr. bewilligt, welche noch der Regierungs-Verfügung vom 5. Mai 1837 erst ausbezahlt werden sollte, wenn nachgewiesen werde, daß die Erft-Arbeiten nach dem Kosten-Anschlage sämtlich ausgeführt und vollendet seien.Während den Bau-Arbeiten beantragte die Stadt die Genehmigung zur Erhebung einer Gebühr für die Benutzung des Erftkanals, worauf nach verschiedenen näheren Verhandlungen die Allerhöchste KabinetsOrdre vom 17. October 1836 erschien, wodurch der Stadt die Besorgniß eingeräumt wurde, nach einem eingereichten Tarife, für die Benutzung des schiffbar gemachten Erftkanales zwischen der Stadt Neuß und dem Rhein, eine gewisse Gebühr, zu erheben. Als diese Cabinets-Ordre einging, war die Erftschiffbarmachung noch nicht vollendet, und es nahm die Königliche Regierung Veranlassung, die Stadt dieserhalb ernstlich aufzufordern. Der ursprüngliche Unternehmer Roeloffs hatte immittelst die Auslieferung der Erftschiffbarmachung an das Handlungshaus von Othegraven et Clerk aus Wesel übertragen, welches seinen Verpflichtungen im Jahre 1839 noch nicht nachgekommen war, so daß die Stadt nach fruchtloser Aufforderungen in genannten Jahre im Begriff stand, die fehlenden Arbeiten auf Kosten der Unternehmer von neuen verdingen zu lassen, als zwischen der Stadt und dem Hause von Othgraven et Clerk unterm 13. Merz 1839 ein Vergleich zu Stande kam, vornach die Unternehmer von der Fortsetzung und der Vollendung der ErftArbeiten entbunden wurden. Die Königliche Regierung genehmigte diesen Vertrag unterm 26. Merz 1839 und genehmigte auf den Antrag der Stadt mittelst Rescriptes vom 9. August 1839 fernerhin, daß die Austiefung und Ausbaggerung der im Bette des Erftkanals noch befindlichen Erhöhungen, so wie sie sich herausstellen und der Schifffahrt nachtheilig werden, vor und nach bewirkt und die derfallsigen Kosten zunächst aus den Einkünften von der Schifffahrt oder aus sonstigen laufenden und disponiblen Einnahmen der Stadt Neuss bestritten werden mögen.

Der Erft-Kanal sei demnach seiner Zeit nicht vollendet worden, wie er ebensowenig später succesive anschlagsmäßig ausgeführt worden sei. Mehrere Mitglieder der Commission und andre Stadtverordneten suchten hierauf zu begründen, daß die Stadt sich der Zahlung der Lichterkosten nicht werde entziehen können, und sie den Erftkanal nicht in der Weise schiffbar gemacht habe, wie es ihr ausdrücklich aufgetragen war,

[Nächste Seite] und wie bei Ertheilung der Allergrößten Conzession zur Erhebung von Gebühren unterstellt worden, denn darin heiße es, daß die Gebühr für die Berathung des schiffbar gemachten Erftkanals bezahlt werde. Die Stadt habe indessen die Schiffbarmachung nicht vollständig bewirkt, und wolle sie daher nicht sorgen, daß die Schiffe bis an die Stadt gelangen, so dürfe sie überhaupt keine Gebühren erheben. Eine Leistung, wie die Zahlung von Erftkanalgebühren, ziehe selbstredend Gegenleistung nach sich. Im Grunde bleibe es sich für die Stadt fast gleich, ob sie Lichterkosten zahle oder nicht, denn stelle es sich einmal heraus, daß die Erft-Einnahmen, worüber ein besonderes Rechnungs-Conto geführt werde, keinen Überschuß zur Kapital-Amortisation gewähre, so bleibe nun so länger der jetzige hohe Gebührentarif bestehen, den die königl. Regierung ohnehin sobald als nur thunlich ermäßigt wissen wolle. Dabei sei zu berücksichtigen, daß das Jahr 1857 ein Ausnahme-Jahr sei, und ein so beispiellos niedrigWasserstand wie in diesem Jahre, hoffentlich so bald nicht wieder eintreten dürfte.

Von der andern Seite wurde dagegen geltend gemacht, daß der Stadt die allmählige weitere Ausführung von der königliche Regierung nachgegeben worden sei, daß sie auch jedes Jahr Ausbaggerungen habe vornehmen lassen, daß aber die Auslieferung und Erhaltung des Kanals auf eine Tiefe von zwei Fuß unter Nummer Null bei der jetzigen Construction des Kanals nicht wohl möglich sei. Die Verpflichtung zur Zahlung von Lichterkosten sei nirgends ausgesprochen, und aus dem Grunde könne auch eine derartigen Verpflichtung nicht anerkannt werden. Im Interesse des hiesigen Verkehrs und aus Rücksichten der Billigkeit möge aber festgestellt werden, daß die Stadt bis zu einem gewissen Pegelstande etwa bis 3 Fuß Pegel die Lichterkosten übernehme. Die Zahlung von Lichterkosten müsse einmal eine Grenze haben, zumal selbst bei einer Austiefung des Kanals auf eine Tiefe von 2 Fuß unter Null, bei dem gegenwärtigen Wasserstande die Schifffahrt auf dem Erftkanale gestört sei.

Hiergegen wurde wieder hervorgehoben, daß bei einer Austiefung des Kanals bi auf 2 Fuß unter dem NullPunkte, die Erft durchgehends so viel Wasser habe, wie der Rhein, und daß demnach Schiffe, welche bei sehr niedrigen Wasserständen den Rhein befahren können, auch im Erft-Kanal würden fahren können. ≠ Nachdem von der Gegenseite erwidert worden, daß eine directe Verpflichtung zur Zahlung von Lichterkosten für die Stadt nicht bestehe, daß man aber eine Grenze bestimmen möge, wie weit die Stadt hierbei gehen wolle, respective daß man der königl. Regierung die Sache zur Entscheidung vortragen möge, und nachdem auch pro und contra nähere Motive angegeben worden, wurde der Atrag gestellt, daß der Stadtrath sich

≠ Wolle die Stadt der Lichterkosten enthoben sein, so möchte sie vorerst für gehörige und vorschriftsmäßige Schiffbarmachung der Erft sorgen.

[Nächste Seite] sich damit einverstanden erklären wolle, daß es bei dem bisherigen Verfahren, worauf die Stadt die Lichterkosten zahlt, verbleiben möge. Dieser Antrag könnte indessen nicht zur Abstimmung gebracht werden, weil die Versammlung durch die Entferrnung des Stadtverordneten Thywissen unvollständig geworden war.

Actum ut supra