Band 47: Eintrag vom  2. Dezember 1845 (Nr. 277)

Eintragsübersicht (Band, Sitzung)

Transkription

 

Ew. Exzellenz sind in diesem Augenblick ohne Zweifel von dem Gange der Verhandlungen unterrichtet, welche in einer unter dem Vorsitze des Herrn Ober-Präsidenten der Rhein-Provinz am 19. v. Monats zu Gladbach Statt gefundenen Conferenz die Verschmelzung der sogenannten westlichen Eisenbahn-Gesellschaft mit jener der Sittard-Düsseldorfer Bahn zum Zwecke hatten.

Zu allgemeinem Bedauern ist die gewünschte Einigung nicht zu Stande gekommen, indem sich über mehre Punkte, namentlich auch über den Sitz der Direction Meinungs-Verschiedenheiten erhoben, die zur Ausgleichung nicht gebracht werden konnten. Insbesondre ist von den Ver(tre)tern Düsseldorf's der Vorschlag geschehen, die Stadt Gladbach zum Sitze der Direction zu erheben, welche Proposition dagegen von andern Seiten wieder lebhaften Wiederspruch fand.-

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Bei solchem Stande der Dinge bleibt es nun mehr der Weisheit der Staats-Regierung anheimgegeben, über diesen und die andern streitigen Punkte das entscheidende Wort zu sprechen.

Wenn es der Stadt Neuss, welche bei der fraglichen Eisenbahn-Angelegenheit wesentlich betheiligt ist, und neben einer ansehnlichen Bevölkerung einen nicht unerheblichen HandelsVerkehr in die Wagschale zu legen hat, gestattet ist, ihre Wünsche und Anträge über den Sitz der Direction vernehmen zu lassen, So drängt sich uns die Überzeugung auf, daß die Stadt Aachen in dieser Beziehung vor allen andern Orten den Vorzug verdienen möchte.

Zunächst ist Aachen schon bei allen frühern Verhandlungen unbestritten als der zweckmäßigste Ort für den Sitz der Direction bezeichnet worden, und es sind inzwischen so viel wir wissen, keine neuen Verhältnissen eingetreten, welche jetzt den Übergang zu einer andere Entschließung mit Grund motiviren dürften. Dann aber scheint Aachen unter allen betheiligten Städten diejenigen sein, welche durch ihre Beträchtlichkeit, durch ihre Bevölkerung, durch den Umfang ihres Handels, durch die in ihr bestehenden gewerblichen Etablissements und durch den Zusammenfluß mehrer Eisenbahn-Verbindungen die vollgültigsten Ausprüche auf den Sitz der Direction geltend machen dürften, und sohin durch die ihr inne wohnenden Kräfte das gedeihen der [Gedrichen?] Gesellschaft am besten zu führenfühern vermögen wird.

Aus diesen Gründen, die wir im Interesse des großen Kraft-Aufwand erfordernden Unternehmens als wesentlich erheblich anzusehen nicht umhin können, erlauben wir uns demnach Ew. Exzellenz in tiefster Ehrerbie-

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tung zu bitten sich für die Stadt Aachen als Sitz der Direction hochgeneigtens entscheiden zu wollen.

Für denjenigen Fall aber, daß die StaatsRegierung Gründe haben möchte, sich für Aachen nicht zu entscheiden, möge es uns gestattet sein, eventuell ganz gehorsamst den Antrag zu stellen, daß Neuss als der Sitz der Direction bestimmt werde, da unsre Stadt nachst Aachen und Düsseldorf, was Bevölkerung und Handel angeht, unter den übrigen betheiligten Städten die erste Stelle einnimmt, da sie den mit dem Rhein in Verbindung stehenden schiffbaren Erft-Canal, zahlreichen Post-Communikationen, ein Haupt-Zoll und Steueramt, eine Eisengieserei, mechanische Werkstätten besitzt, und sohin auch in ihr sich wehre Elemente vereinigen, welche sie zum Sitze der Direction vorzugsweise vor andern geeignet machen.

In tiefer Ehrfurcht verharren wir Neuss, den 2. December 1845 Ew. Exellenz

ganz Gehorsamste Bürgermeister und Stadtrath Unterschriften

an den Staatsund Finanz-Minister, Ritter p p Herrn Flottwell Exellenz zu Berlin.